Warum verdienen Handwerker so wenig

Niemand könnte ohne die Unterstützung von Handwerkerinnen und Handwerkern gut und sicher leben. Gleichzeitig rätseln viele Menschen im Internet über die Besonderheiten der verschiedenen Handwerksberufe. In dieser Reihe diskutieren wir Handwerker-Fragen, die gerne in den großen Suchmaschinen gestellt werden. Im vorliegenden Artikel geht es um diese Frage: Welche Handwerker verdienen am meisten? Schauen wir uns das Handwerker-Gehalt 2022 genauer an.

Warum stehen Handwerker so früh auf? Welche Handwerker essen am meisten? Wo findet man die besten Handwerker? Alle diese Fragen werden regelmäßig auf Google eingegeben. Sie zeigen, wie neugierig Internetnutzer in Bezug auf das Handwerk sind. Verdeutlichen aber auch das eine oder andere Klischee über Handwerker. Das gilt ebenso hinsichtlich der Verdienstmöglichkeiten.

Verbreitete Klischees über das Gehalt von Handwerkern

„Da verdient man doch nichts!“ oder „Die verdienen sich doch eine goldene Nase!“ – solche Aussagen hört man immer wieder über das Handwerker-Gehalt. Einerseits heißt es immer wieder, dass man im Handwerk nicht genug Geld verdient. Andererseits beklagen manche, dass die Rechnungen der Handwerk zu hoch seien. Und schließen (meist fälschlicherweise) darauf, dass Handwerksbetriebe alle steinreich sein müssten.

Die Wahrheit liegt wie so oft dazwischen. Und sie hängt von vielen Faktoren ab. Aktuell gehen Handwerksrechnungen beispielsweise in die Höhe, weil viele Materialien teurer werden oder kaum bestellt werden können. Hier wirkt sich sogar die Globalisierung auf das lokale Handwerk aus. Ein Handwerker-Gehalt hängt aber auch maßgeblich mit den genauen Qualifikationen zusammen. Wer sind die bestbezahlten Handwerker?

Welche Handwerker verdienen am meisten? Qualifikationen und Firmengröße

Lehrjahre sind keine Herrenjahre, heißt es gerne. Damit wird betont, dass Lehrlinge und Auszubildende häufig besonders hart arbeiten müssen. Und dabei nicht sonderlich viel verdienen. Tatsächlich werden die ersten Jahre im Handwerk nicht übermäßig hoch entlohnt. Doch es lohnt sich, am Ball zu bleiben.

Besonders lukrativ wird es, wenn auch der Meistertitel erworben wird. In fast jedem Handwerksberuf steigen damit die Verdienstchancen deutlich. Natürlich spielt es aber ebenfalls eine große Rolle, was man aus seinen Qualifikationen macht. Wer sich erfolgreich ein großes Unternehmen aufbaut, kann entsprechend mehr verdienen.

Zugleich gilt gerade für Angestellte, dass das Gehalt geringer ist, wenn die Firma relativ oder sehr klein ist. Das ist aber keine Ausnahme im Handwerk. Generell zahlen größere Firmen im Vergleich etwas bis deutlich besser. Ein weiterer und vielleicht der wichtigste Faktor ist die Branche.

Einfluss der jeweiligen Branchen auf Handwerker-Gehalt

Wer sich für einen Handwerksberuf entscheidet, sollte sich über die gewünschte Branche gut informieren. Es ist in der Tat so, dass einige Gewerke und Bereiche besser als andere verdienen – und auch zahlen. Geld macht alleine nicht glücklich, aber es hilft bekanntlich dabei.

Es gibt in Deutschland unzählige glückliche Friseurinnen und Friseure, die Spaß daran haben, Menschen zu pflegen und zu verschönern. Gehaltsmäßig sieht es in dieser Branche aber nicht ganz so rosig aus. Es handelt sich sogar um den Handwerksberuf mit dem schlechtesten Gehalt. Auch ein Meister hilft nur bedingt.

Finanziell besser aufgestellt sind hingegen Zerspanungsmechaniker mit CNC-Fortbildung, Mechatroniker, Schlosser und Elektroniker. Sieht stehen im Vergleich der unterschiedlichen Handwerksberufe ganz oben auf der Gehaltsliste. Diese Handwerker/-innen können sogar mehr als Hochschulabsolvent/-innen verdienen.

Wer hier noch seinen Meister macht und vielleicht eine eigene Firma gründet, muss sich in der Regel keine Sorgen mehr ums Geld machen. Vorausgesetzt ist natürlich, dass das Geschäft gut läuft und gepflegt wird. Das ist aber auch nicht nur im Handwerk so.

Handwerker-Gehalt 2022 – einige Zahlenbeispiele

Wie sieht das Handwerker-Gehalt in Zahlen aus? Was verdienen Handwerkerinnen und Handwerk denn nun genau? Schauen wir uns einige Zahlenbeispiele an, die wir der Plattform gehalt.de entnommen haben.

Wie schon erwähnt, ist zu beachten, ob ein Meistertitel vorliegt oder nicht. Denn dadurch erhöht sich durchschnittlich das Gehalt im Handwerk sehr deutlich. Zudem ist zu berücksichtigen, wie lange die Handwerkerinnen und Handwerker schon beruflich aktiv sind. Wie auch in anderen Berufen wird langjährige Erfahrung meist besser bezahlt.

Nach drei bis sechs Jahren und bei 40 Wochenstunden ergeben sich die folgenden Bruttogehälter pro Jahr:

  • Elektroniker/-in: 38.038 €
  • Mechatroniker/-in: 36.969 €
  • Zerspanungsmechaniker/-in: 35.897 €
  • Schlosser/-in: 35.897 €
  • Bäcker/-in: 33.698 €
  • Zahntechniker/-in: 31.045 €
  • Friseur/in: 25.705 €

Zum Vergleich lohnt sich auch ein Blick auf einen kaufmännischen Beruf. Als Bürokaufmann/-frau liegt das Bruttogehalt pro Jahr nach drei bis sechs Jahren bei 28.816 € (40 Wochenstunden).

Meister und Region mit großem Einfluss auf Handwerker-Gehalt

Wie viel bringt konkret der Meister im Handwerk? Elektromeister/-innen schaffen es nach 3-6 Jahren auf stolze 47.815 €, nach über neun Jahren sogar auf 53.154 €. Friseurmeister/-innen bleiben selbst mit Meister und nach über neun Jahren Berufserfahrung deutlich unter 30.000 € (27.573 €).

Nicht zuletzt ist noch zu beachten, wo jemand tätig ist. Je nach Bundesland liegen zwischen den Jahresgehältern einige Tausend Euro Unterschied. Dabei ist natürlich auch zu bedenken, dass in manchen Regionen die Lebenshaltungskosten höher oder niedriger liegen.

Fazit – Handwerker-Gehalt ist nicht einheitlich

Welche Handwerker verdienen am meisten? Wer auf diese Frage eine pauschale Antwort gibt, kann eigentlich nur falschliegen. Denn das tatsächliche Handwerker-Gehalt hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Dazu gehören der Abschluss sowie Zusatzqualifikationen, die Branche, die Berufserfahrung wie auch der Arbeitsort.

Darüber hinaus ist zu beachten, ob die Handwerker/-innen im großen oder kleinen Betrieb arbeiten und ob sie eventuell sogar ein eigenes Unternehmen übernommen bzw. aufgebaut haben. Nicht zuletzt gibt es gesellschaftliche Trends, die sich indirekt auf das Handwerker-Gehalt auswirken können.

In jedem Fall ist es Quatsch zu sagen, dass man als Handwerker/-innen kaum Geld verdient. Wer sich die richtige Branche aussucht, fleißig arbeitet und vielleicht noch etwas Glück hat, kann es im Handwerk durchaus zu Wohlstand bringen. Falls ihr schon auf dem Weg seid: weiterhin viel Erfolg!  

Artikelbild: UNSPLASH

Aktualisiert am 01.02.2022

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Warum verdienen Handwerker so wenig


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k) Errichtung von Gewerbegerichten in den großen und

mittlern Städten Deutschlands, wo solche noch nicht bestehen, damit der Handwerker feine eigenen Angelegen

heiten ordnen kann. (Handwerkerverein – Bonn.) 1) Antrag auf Vertretung des Handwerkerstandes in der

Weise, wie die Vertretung des Handels durch die Handels

fammern. (Innungen - Bielefeld.) 5. B. m) Corporative Verfassung der Handwerker in Inuun

gen oder Genossenschaften mit Selbstverwaltung. (Theisejans

Crefeld.) n) Genossenschaften oder Innungen zu gemeinsamen

gewerblichen Zweden mit obligatorischem Beitritt für

reiche und arme Gewerksgenossen. (Aus Bayern.) 0) Der deutsche Handwerkertag wolle beschließen, daß zur

Constituirung von Genossenschaften oder Corporationen ein gemeinsames Statut für ganz Deutschland

entworfen werde. (Fr. Schmidt – Weimar.) p) Der deutsche Şandwerkertag wolle beschließen, daß das

Schlichten aller Differenzen mit Pehrlingen den Genossenschaften und Corporationen überlassen bleibt.

(Derselbe.) q) Der deutsche Handwerkertag wolle als Organ aller Ge

nossenschaften beschließen, daß das Innungs-Vermögen den Genossenschaften und Corporationen unverkürzt ver

bleiben möge. (Derselbe.) 7. c) Der deutsche Handwerkertag wolle beschließen, daß im

Interesse und zum Wohle des ganzen Handwerkerstandes nach einem dem Handwerkertage vorzulegenden Plane „Handels-Gewerbschulen" in allen größeren Städten

Deutschlands errichtet werden. (Fr. Schmidt - Weimar.) h) Ausschließung der Handwerkerwaaren vom Wochen

marktsverkehr, namentlich der Back- und Fleischwaa

ren. (Theisejang - Crefeld.) Es würde nun der Antrag folgen No. 3. e.:

Welche geseßlichen Mittel und Wege find unseren Weis marifchen Handwerkern und Gewerbtreibenden anzura-

then, um die bevorstehende Einführung der durch unseren


Landtag zum Gesetz erhobenen Gewerbefreiheit noch so
lange zu verschieben, bis andere angrenzende Staaten

dies auch einführen? (Wagner - Fena.) Diese Frage hat nur insofern für den deutschen Handwerker


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geredet werden, denn wir stehen auf dem Gebiete der Rechts lehre. Der Begriff des Rechts aber läßt sich in dem beschriebenen Berhältnisse nicht anwenden. Ohne Zweifel wird der Boden, der da getreten, der Baum, der seiner Früchte beraubt wird, sich in keinen Rechtsstreit einlassen mit dem Menschen, der es that. Thäte es aber ein anderer Mensch, welchen Grund könnte dieser dafür anführen, daß nicht jeder Andere denselben Boden ebensowohl betreten oder desselben Baumes Früchte nicht ebensowohl nehmen dürfte als er selbst ?

In diesem Zustande ist keiner frei, weil alle es unbeschränkt find, Keiner fann zweckmäßig irgend etwas ausführen, und einen Augenblid auf die Fortdauer desselben rechnen. Diesem Widerstande der freien Kräfte ist nur dadurch abzuhelfen, daß die Einzelnen sich untereinander vertragen, daß Einer dem Andern sage: mir schadet's, wenn Du dies thust; und wenn der Andere ihm antwortet: mir dagegen schadet's, wenn Du dies thust, der Erste fich erkläre: nun so will ich, was Dir schädlich, unterlassen, auf die Bedingung, daß Du das mir Schädliche unterlassest; daß der Zweite dieselbe Erflärung von seiner Seite thue, und von nun alle Beide ihr Wort halten. Nun erst hat Feder etwas Eigenes, ihm allein und den Andern feineswegs zukommendes; ein Recht, und ein ausschließendes Recht.

Lediglich aus dem beschriebenen Vertrage entsteht das Eigen thum, entstehen Rechte auf etwas Bestimmtes, Vorrechte, aus. schließende Rechte. Ursprünglich haben Alle auf Alles dasselbe Recht, das heißt, kein Einziger hat gegen den Andern das mindeste Recht voraus. Erst durch die Berzichtleistung aller Uebris gen auf Etwas, zufolge meines Begehrens, es für mich zu bes halten, wird es mein Eigenthum. Sene Verzichtleistung Ader, und sie allein ist mein Recht&grund."

Fichte (a. q. O. pag. 407) legt sich sodann die Frage por: Was hat die Regierung in Absicht des öffentlichen Verkehrs zu thun, was hat sie zu thun, um über die Beobachtung der oben aufgestellten Verträge halten zu können?'" Er beantwortet diese Fragen folgender Weise (liest):

„Die erstė klare Folge für den Staat ist, daß er nach dem oben angegebenen Maßfiabe die Zahl Derer, die überhaupt den Künsten (d. h. Gewerben) fich toidmen dürfen, auf eine bez stimmte einschränke, und nie zugebe, daß diese Zahl, so lange die Umstände dieselben bleiben, überstiegen werde.

Das entbehrliche ist überall dem unentbehrlichen oder schwer zu entbehrenden nachzuseßen; ebenso in der großen Wirthschaft des Staates. – Die Hände, welche dem Acerbau entgehen und den Künsten gewidmet werden können, müssen zunächst auf unentbehrliche Bearbeitungen, und nur fo viele" als von diesen übrig bleiben, auf entbehrliche, auf Bedürfnisse des Lurus gerichtet werden.


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relative Unabhängigkeit keine Freiheit. Diese Selbstständigkeit ist aber nur möglich vermittelst der Begrenzung und Inschuß, nahme der einzelnen, aber wie das Räderwerk der Uhr ineinandergreifenden Thätigkeiten und Wirkungskreise. Anhaltspunkte und Analogien hierzu sind in allen europäischen, und auch in andern Staeten noch gegeben, so daß man, ohne mit einem Male gewaltsam neu organisiren zu müssen, auf einer vorhandenen Grundlage den angefangenen Bau nur conse quent auszuführen und zu vollenden hätte. So ist es z. B. bei vielen amtlichen nnd gewerblichen Wirkungskreisen der Fall

, daß die Befugniß zum Eintritt in dieselben zwar von erschwes renden, bildenden Vorbedingungen abhängig gemacht ist, daß aber, nachdem die betreffenden Beamten und Gewerbtreibenden diese Vorbedingungen erfüllt haben, diefelben dann auch mit entsprechenden Rechten ausgestattet werden, von denen Gebrauch zu machen nur sie die Freiheit haben, so daß ein Anderer, ein Unberechtigter in diese Freiheit, in diese Rechte nicht eingreifen, sie nicht beeinträchtigen darf. Das ist z. B. der Fall bei allen Chargen des Heeres, vom General-Feldmarschall bis hinab zum Unteroffizier und Gefreiten, vom Justizminister bis zum Uuscultator und Gerichtsschreiber - Candidaten, vom Elementarlehrer

bis zum Universitäts - Professor, vom Supernumerar bis zum Ober - Präsidenten u. s. w.

Nicht minder sehen wir diese schüßende Abgrenzung und rechtliche Behauptung des von entsprechenden Pflichten abhängigen freien Wirkungskreises im territorialen Gebiete der Lands wirthschaft und des immobilen Besigthums. Da ist jede Lies genschaft und jeder Hof und jede Wiese eingefriedigt und um hagt, und jedes Stückchen Land, wie jeder große Akercompler mit Pfählen und Grenzfurchen strenge abgegrenzt; und der Landwirth, der sich beikommen ließe, über diese Furchen hinaus da zu mähen und zu ernten, wo sein Nachbar bebauté und jäete, würde alsbald dem schüßenden Gefeße verfallen.

Nun denn, eben solche Aeder sind alle Erwerbs - Sphären ohne Ausnahme Die Vorbereitung zu denselben und die langen Lehr- und Gesellenjahre sind die Zeit der Frühlingsarbeit, der Bedüngung, Bebauung, der Aussaat, der Jätezeit. Mittlerweile keimt und sproßt, wächst und reift unter dem befruchtenden Regen der lehrmeisterlichen und elterlichen Zucht, und im wärmenden, belebenden Sonnenscheine der Civilisation der socialen Ordnung dem vom Jünglinge zum Manne gewordenen Pfleger und Heger seiner Erwerbs-Sphäre die im Schweiße seines Ångesichts erstrebte Frucht. Heute aber sind in den Ländern der ausgeprägtesten Gewerbefreiheit leider keine den Boden seiner speziellen gewerblichen Thätigkeit begrenzenden Furchen gezogen; und zur Zeit der Ernte macht die staatsökonomisch sein sollende Klugheit ihm mitunter plausibel, und die Gewerbefreiheit, die alle Grenzpfähle ausgegraben und das Faustrecht zu Gunsten des übervortheilenden Stärkeren eingeführt, demonstrirt ihm vor, daß es besser für ihn sei, wenn er gegen Tagelohn den Schnitter abgebe" für einen Spekulanten; wornach dann dieser des Arbeiters Produkte in die Scheunen seiner Magazine speis chert. Damit steht dann aber der Arbeiter und Handwerker, der sein halbes und schönste Leben dem Erlernten in dem Glauben opferte, daß die Gesellschaft ihm die so errungene Sphäre' nun auch zur freien Bewegung belassen werde, betrogen um die Hoffnung seiner ganzen Vergangenheit und Zukunft da, ein Proletarier, der seine Shidfalsgenossen um einen Unzufries denen noch vermehrt.


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len. Sie sind eine heiße Atmosphäre gewöhnt, köns nen weder Regen noch Kälte vertragen, wissen nicht mit Spaten und Hade umzugehen, und sind zu stolz die Straßen zu kehren.“

Dagegen kann ich Ihnen, meine Herren, aber auch sofort den bündigsten Beweis liefern, daß eine wohl aufgezogene Zunftverfassung weder ein Hinderniß blühender Entwidlung ist, noch daß sie die freie Thätigkeit des Handwerkes erschwert.

Troß aller Zunftfesseln ist z. B. in Hamburg die Zunahme der Meister und Gesellen in den einzelnen Gewerken bedeutend größer gewesen, als die gleichzeitige Zunahme der Gesammtbevölkerung. Ich erhielt mit anderen Herren in der leßten Zeit Auftrag darüber einen Bericht zu formiren. Wir fertigten zu dem Ende eine statistische Tabelle, über die Zunahme der zünftigen Gewerbe während des 30 jährigen Zeitraums von 1831–1861; aus dieser vor mir liegenden Tabelle ersehen Sie, daß während in diesem 30 jährigen Zeitraum die städtische Bevölkerung Hamburgs nur um 22% zunahm, die Zahl der Meister und Gesellen während desselben Zeitraums um 92 und 111 % anwuchs.

Aus einer andern gleichfalls mir vorliegenden Tabelle ersehen Sie, daß unsere Hamburger Zünfte während desselben 30 jährigen Zeitraumes für gewerbliche, vaterstädtische und gemeinnütige Zwecke, sowie zur Unterstüßung ihrer Amtsgenossen verausgabt haben die Gesammtsumme von Courant Mark · 3,172,819. Sehen Sie, meine Herren, das sind so einige der bösen Folgen der Zunftfesseln. Doch die Gegner geregelter Gewerksverhältnisse jagen ferner, und das betonen sie gewöhnlich recht stark: „Der Staat hat sich um das gewerbliche Leben überall gar nicht zu kümmern, das Beste was er da thun kann, ist, daß er eben gar nichts thue, er gäbe aber Freiheit des Erwerbe, denn mehr zu geben hat er ja nichts; im freien Spiel der Kräfte gedeiht Alles am Besten, je mehr es kopfüber geht.“ Abgesehen nun davon, daß der Staat, worauf Stein wiederholi hinweist, kein Fabrikenverein ist, wozu ihn unsere Gegner machen möchten, muß ich Sie denn doch darauf aufmerksam machen, daß wenn wir für den Augenblick einmal gänzlich absehen wollen von Richtern, Advokaten, Aerzten, Apothekern, Maklern u. 1. w., welche sämmtlich vom Staate geprüft, konzessionirt und beaufsichtigt werden, auch auf den übrigen Gebieten des gewerblichen Lebens der Staat fortwährend und häufig auf recht fühlbare, die Erwerbsfreiheit beeinträchtigende Weise eingreift, und so den


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ganz stille, 16 arbeiten halbe Zeit und nur 28 dolle Zeit; bon 24,199 Spinnern, die vor dem Eintreten der Krisis dort bes schäftigt waren, sind 11,784 ganz ohne Arbeit, 6938 arbeiten die halbe Zeit und nur 5480 die ganze Woche

. In Preston haben vorige Woche 5199 Familien öffentliche Unterstüßung genossen, die vorige Woche vorher nur" 4911 Familien. In Stođport waren von 18,260 Úrbeitern 7000 gänzlich unbes fchäftigt, 2718 árbeiteten volle. und 8547 halbe Seit. In Wigan hat die Zahl der Unterstüßung beanspruchenden Fami: lien in "leßter Woche um 386 zugenommen. Auch in WeftRiding von Yorkshire und in Cumberland hire nimmt die Vers armung fast in demselben steigenden Verhältniß zu als in Lancashire."

Endlich enthält die Hamburger Börsenhalle vom 30. Mai d. 3. folgenden Bericht aus London:

,,Amtliche Ausweise für 1860 ergeben, daß von 6,5 Sterbes fällen in London einer in einer öffentlichen Anstalt stattgefuns den hat. 5161 Personen starben in den Wert- und Armens häusern der Hauptstadt, 4031 in Spitälern und Invalidenhäus fern für Soldaten und Matrosen, 313 in Irrenanstalten, 41 in Gefängnißanstalten. Bon je 12 Meniden starb einer im Werk- und Ármenhause."

Meine Herren, wo folche Zahlen reden, können wir füglich schweigen.

Ich kehre zu dem von mir gestellten Antrage zurück. Ich beantrage

1) sämmtlichen hohen Regierungen unserer deutschen

Bundesstaaten u. 1. m. Ich glaube, meine Herren, das muß geschehen. Wenn die Regierungen einzelner Länder auch erfahren haben mögen, wie es steht, so haben wir doch das Recht, ja die Pflicht, es Allen mitzutheilen. Sie folen au fait gefegt werden bes züglich des wahren Sachverhalte, um zu erkennen, vor welcher Krisis fie stehen, vor einer socialen Krisis nämlich, gegen welche alle bisherigen Revolutionen ein Spiel gewesen sind.

Noch größeres Gewicht lege ich auf den zweiten Theil nreis nes Antrags, denn er empfiehlt Ihnen einen Weg, auf dem Sie das verlorene Terrain wiedergewinnen können. Ich habe e8' auch bei unseren Verhandlungen wieder gehört, daß man bez züglich der gewerblichen Situation alle Schuld den Regierungen zuschiebt.

Meine Herren, ich bin Republikaner und halte Ihnen sols hen Tadel an sich nicht vor; wir Hamburger sprechen überhaupt sehr frei über unsere Regierungsverhältnisse. Wenn nun ein Hamburger bei dem besten Witen in dieser Frage die Schuld nicht ganz allein auf Seiten der deutschen Regierungen finden kann, o wollen Sie ihm einige Aufmerksamteit schenken. Ich sage Ihnen also, meine Herren, Sie haben nicht sowohl die deutschen Regierungen, als vielmehr fich felbft anzuflagen; hätten Sie nicht so lange still gesessen, so wäre wohl vieles anders.


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M. H., sehr schwierig wird es sein, diesem eingewurzelten Uebel kräftig entgegenzuwirken, und der Handwerkerstand wird és wohl noch sehr empfinden müssen, wie nachtheilig dieser Schwindel auf seine reelen Waaren einwirken wird, für die er doch in allen Fällen wenigstens mit seiner Ehre Garantie zu leisten verpflichtet ist, wenn er seine Kundschaft erhalten will. Fedoch im guten Vertrauen auf unser angestrebtes Werk und das demselben zu Grunde zu legende, noch auszuarbeitende Ges werbegeseßbuch glaube ich gewiß, daß wir die schwierige Lösung der Frage der Kommission unseres Vororts überlassen dürfen und ersuche deshalb den Vorstand, von derselben Notiz zu nehmen. (Die Versammlung stimmt bei.)

Riedel: Da Hr. Todt jegt anwesend ist, so können wir zu Nr. 7. a. b. d. und in Verbindung damit auf Nr. 5. A. l. der Tagesorordnung übergehen. Die Änträge lauten (liest): -5. A. l. Antrag auf Vertretung des Handwerkerstandes in

der Weise, wie die Vertretung des Handels durch die

Handelsfammern. (Innungen - Bielefeld.) 7. a. Errichtung einer sozialen Rammer (Abgeordnetens

haus, Parlament), welche die ganze soziale Geseta gebung zu berathen und die von ihr gefaßten Bes chlüsse bent politischen Kammern zur Entscheidung vorzulegen hat. Die Mitglieder dieser Rammer sollen von sämmtlichen sozialen Ständen nach einem Wahlgesetz erwählt werden, welches die Vertretung aller

Berufsgeschäfte verbürgt. (Todt - Minden.) b. Ertheilung des ganzen Unterricht8 auf öffentliche

Kosten, gründliche Verbesserung und Neugestaltung aller Unterrichtsanstalten, Erhebung der Volksschule zu allgemeinen, für alle Stände bestimmten Bildungsanstalten und Gründung ganz neuer, zeitgemäßer Hand

werksschulen. (Derselbe.). 1 d. Gründung von Handwerkergesellen-Bildungs

Vereinen. (Todt. Minden.) Hoi. Die Zusammenziehung ist im Einverständniß mit dem Hrn:


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M. H.! Sie selber find vielleicht in der Lage, Ihre Sin der in Rektorato -, Real- und Gewerbeschulen zu fchiden; aber richten Sie ja 3hr Hauptaugenmerk darauf, daß auch den Rin= dern der ärmsten Klasse des Handwerkerstandes Bildung und Gefittung zugeführt werde! Es thut mir leid, hier eine Plage aussprechen zu müssen: der Handwerkerstand ist és, der sich am Wenigsten Sarum fümmert, wie es eigentlich mit der Unterweisung feiner Kinder und jungen Mitglieder steht. In Preufen giebt es 300 Handwerkerschulen, aber wie gar wenig ist das für ein so großes Land! Darin erhalten ungefähr 12,000 Lehrlinge eine Fortbildung, wiederum eine äußerst geringe Zahl. Und wie kommen sie meistens von der Elementarschule her? Von 50, 60 habe ich nicht zwei gefunden, die auch nur eine Zeile hätten richtig schreiben können; 'wenn ich „Somma“ dita tirte, schrieben fie comma. Daß fie Breußen waren, hatten fie wohl so im Allgemeinen gehört, aber sonst wußten sie von den Verhältnissen ihres Vaterlandes nichts. In’s Besondere empfehle ich, daß in kleineren Orten Fortbildungsschulen gegründet werden; das ist das einzige Mittel, dort HandwerkerVereine zu erhalten, die sich, wenn die Schulen einmal vorhanden sind, um diese leicht gruppiren.

És wird hierauf beidhlossen, auch diese Punkte der wei= tern Bearbeitung durch den Vorort und die Bürgerzeitung zu empfehlen.

Referent Riedel: Wir kommen jetzt zu Nr. 7. g. der Tages-Ordnung (liest):

Ueber die Nachtheile des Freihandels, nicht nur für die Gewerbetreibenden im Allgemeinen, jon: dern für das ganze kaufende Publikum. (Roch

Jena.) Ich beantrage über diese Frage, deren Erörterung' theils über die Aufgabe des Handwerkertag8, theils über die noch gestellte Zeit weit hinausgreift, zur Tages-Ordnung überzugehen, naments lich weil auch der Antragsteller nicht mehr hier ist.

Brandenburg: Ich nehme den Antrag auf. Man be hauptet im Allgemeinen, und namentlich unsere Gegner, daß der Freihandel oder die größtmöglichste' Concurrenz. billige Waare mache, és find aber Beispiele vorhanden, daß man in anderen Staaten entgegengesegter Ånsicht ist

, z. B. in Frankreich, wo die Gewerbefreiheit schon seit vielen Jahren eingeführt ist, hat man der Fabritation der nothdürftigsten Lebensmittel (des Brotes) die freie Ronkurrenz versagt, und zwar, um feine Uebertheuerung eintreten zu lassen, welche nur zu oft zu fogeHannten Brot-Crawallen und Revolutionen Veranlassung gegeben hat; es hat die dortige Regierung durch Geset bestimmt, daß in Städten von 100,000 Seelen auf 4000 Seelen nur ein Bäder zugelassen wird, mit Ausschluß des Unterverkaufs, welche Zahl feit Kurzem durch den jegigen Regenten etwas reduzirt, jedoch nicht frei gegeben worden ist. Äuf Köln bei 114 bis 115,000 Einwohnern würde dies beispielsweise 28 bis 29 Bäder betragen, es sind aber dort mehr wie 200 Bäcker und 600 Ladenbesißer, welche mit Badwaaren Handel treiben. Daß eine fo über alles Maaß hinausgehende Konkurrenz entweder die Gewerbtreibenden ruinirt oder die Waare bertheuern muß, fteht fest, namentlich wenn, abgesehen von der großen Zahl Bäder, so viele Zwischenhändler zwischen den Consumenten und Produzenten wenigstens etwas an dem Handel verdienen müssen.


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Der Antrag wird unterstüßt und mit der vom Präsidenten vorgeschlagenen Aenderung angenommen,

daß das beizufügende gedruckte Mitglieder - Verzeichnis statt der nicht mehr zu beschaffenden Unterschriften die

nen soll. Kallen aus Corschenbroich: So wäre denn, was höherer Intelligenz nicht hat gelingen wollen, das große Werk, ein deutscher einheitlicher Bund vom Handwerkerstande, dieweil er einig in seinen Gesinnungen, einig in seinen Bestrebungen, und wahr in seinen Grundsäßen ist, beschlossen und besiegelt. Möchte doch auch nun Jeder hier Anwesende treu dem Bunde in seiner Heimath nach fräften dahin wirken, daß der gefammte deutsche Handwerkerstand diesem geheiligten Bunde beitrete, denn nur erst dann werden auch die Früchte nicht ausbleiben. Von den frühern Mitkämpfern des Gewerbe-songresses des Jahres 1848 habe ich leider nur noch zwei Kollegen hier in Weimar wiedergefunden, gewiß fein erfreuliches Zeichen. Heute aber gebe ich mich der Hoffnung hin, daß jeder von uns seine Pflicht erkenne und thue, und den Beweis seiner Thätigkeit auf dem nächsten Handwerkertage in Frankfurt führen werde. Und mit diesem Wunsche fage ich allen Theilnehmern ein herzliches Lebewohl.

Präsident: 3d ersuche nun Herrn Todt, Bericht zu erstatten über die Ueberreichung des Protestes an den volkswirthchaftlichen Kongreß.

Todt: Die von Ihnen ernannte Protest-Deputation, Herr Eichholz und meine Wenigkeit, haben zur Erledigung des Auftrages die Eintrittskarten zu dem Kongresse gelöst und sind als Mitglieder in denselben eingetreten. Nach der bekannt gemachten Tages-Ordnung hätte die Gewerbe-Gefeßgebung gleich von vorn herein vorgenommen werden müssen; nachdem aber die Präsidentenwahl und die Konstituirung geschehen, wurde beliebt, die Tages-Ordnung dahin zu ändern, daß dieser Punkt weiter zurüdgeschoben wurde, so daß er vielleicht erst übermorgen zur Diskussion fommt. Wir haben nun den Protest überreicht. Der Präsident hatte mehrere eingegangene Anträge u. F. w. zu verlesen, darunter auch unsern Protest. Er verlas ihn mit ruhiger, starker Stimme, und die Mehrheit der Versammlung antwortete darauf mit höhnischem Lachen. M. H.! Erwidern ließ fich darauf natürlich nichts. Der Mensch kann über Alles lachen, wenn es sein muß, auch über seine eigene Dummheit. (Große Heiterfeit.) Es stand nun zunächst auf der Tages-Ordnung: Referat des Herrn Schulze-Delißiah, Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses. Der betrat die Tribüne und gab einen Bericht über die Wirksamkeit der Ges nossenschaften seit dem verflossenen Jahre. Er hielt den Vortrag mit jener Gründlichkeit und Gediegenheit, die man an ihm nur gewohnt ist. Der Vortrag nahm beinahe eine und eine halbe Stunde weg. Herr Schulze konnte es nicht unterlassen, feine Rede zu jdließen mit einem Hinblid oder Hinhieb wie sie es nennen wollen auf den von uns übergebenen Protest, indem er ungefähr sagte: „Und so schließe ich damit, daß ich den Herren Handwerkern zu bedenken gebe, daß, wenn sie sich nicht dem aðgemeinen Zeitbewußtsein anschließen, fie keine Berechtigung mehr haben, als Stand anerkannt zu werden.“ (Ruf: Oho!) „Wir“, so ungefähr sagte er ferner, „vertreten hier nicht einzelne Stände, und nur diejenigen Perfonen, die sich im vollen Bewußtsein der Zeit befinden, wissen auch, auf welcher Stelle im Staate sie sich befinden. Der Handwerker gehört in den Staat, aber er gehört nicht allein hinein.“ Das Mittel, was er empfahl, war: Einrichtung von Genossenschaften in seinem Sinne und Bildung überhaupt. Da man zu einem andern Gegenstande überging, so glaubte ich, zu Ihnen, Behufs der Berichterstattung, zurückkehren zu müssen. Sonst werde ich den weiteren Verhandlungen beiwohnen. (Bravo.)


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a) Herr Gewerberaths-Sekretär Nic. Schüren aus Aachen, b) Köppen, Sdhneidermeister aus Berlin,

Weber, Webermeister aus Weimar, d) 3. Kellner, Schuhmachermeister aus Hamburg.

Der Herr Präsident bemerkte sodann: Nachdem jeßt das Bureau constituirt ist, mögen wir das Werk mit Gott beginnen und dann werden wir es wohl auch zu einem guten Ende führen. Ich erkläre den deutschen Handwerkertag als eröffnet.

Sobann verlas Präfes ein eben eingelaufene& Telegranım des Handwerkervereins aus Cottbus, des Inhaltes:

,3m Vertrauen auf Gott und seinen Schuß bringt den versammelten Herren ein dreimaliges Lebehoch der selbstständige Handwerkerverein zu Cottbus."

Für diese Theilnahme sprach die Versammlung den Absendern des Telegramms durch Erheben von ihren Sißen den Dank aus.

5) Herr Lust aus Berlin berichtete sodann über den freundlichen Empfang, welcher einer Deputation des Comités für den deutschen Handwerkertag sowohl bei den hiesigen Weimarischen höchsten Staats- wie Stadtbehörden zu Theil geworden sei, und der deutsche Handwerkertag stimmte dann in das ausgebrachte Dreimalhoch auf Se. Königliche Hoheit den Großherzog von Weimar, wie auf das den hiesigen höchsten Staats- und Stadtbehörden dargebrachte begeistert ein.

Nachdem Herr Lust noch einige geschäftliche Mittheilungen gemacht, referirte

6) Herr Schüren in seiner Eigenschaft ale Mitglied der von der Borversammlung gewählten Commission über verschiedene aus fast allen Staaten Deutschlands eingegangene Zustimmung8= dreiben, bis dahin 94 an der Zahl, worauf dann

7) Herr Panse die vorgeschlagene Geschäftsordnung empfahl, die dann auch nach gepflogener Discussion en bloc einstimmig angenonimen wurde.

8) Hierauf ging die Versammlung resp. der deutsche Hands werkertag auf die weitere Erledigung der in der Reihenfolge von der vorgedachten Commission rectificirten Tagesordnung über, wobei auf Ersuchen des Herrn Präsidenten zunächst Herr Dr. jur. Strauch aus Hamburg ein umfassendes Sendschreiben des Herrn þugo Hübbe aus Hamburg an den deutschen Handwers kertag verlas, wofür der legtere dem Verfasser nicht nur durch allgemeines Erheben von den Sitzen feinen Dank aussprach, sondern auch beschloß, diese gründliche Arbeit in extenso


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mission entsprochen, resp. Hamburg zum ersten Vorort bestimmt wurde.

6) Die Hamburger Deputirten traten hierauf zu einer Bes rathung über die Annahme oder Nichtannahme dieses Beschlusses der Versammlung zusammen, worauf der Präsident Schweedt mittheilte:

Daß besagte Herren Deputirten aus Hamburg die gedachte Vorortswahl einstimmig angenomiuen hätten.

Die Versammlung sprach hierfür den Herren aus Hamburg ihre Anerkennung durch ein lauthallendes Zustimmungebravo aus.

7) lleber die Dauer der Funktion des Vorortes wurde nach längerer Debatte auf den Vorschlag des Präsidenten ein Beschluß bis zur Abstimmung über beziehentliche spätere Fragen ausgefeßt.

8) Herr Referent Riedel beantragte Namens der Kommission die Ánnahme der weiteren vier Punkte über die Organisation des deutschen Handwerkerbundes, dahin lautend: a) Für jeden der auf dem deutschen Handwerkertage vertres

tenen deutschen Staat erwählen die in Weimar anwesens.

den Abgeordneten einen Landes-Vorort. b) Der solcher Gestalt ernannte Landes-Vorort bewirkt nach

Constituirung seines Vorstandes für jede Provinz des betreffenden Staates die Constituirung eines Provinzial

Vorortes. c) Feder der solcher Gestalt ernannten Provinzial-Vororte

bewirkt, nach Constituirung seines Vorstandes, in jeder, seiner Provinz gehörigen Stadt die Constituirung einer Örtlichen Vereinigung unter dem Namen „Ortsverbrüde="

rung des deutschen Handwerkerbundes". d) Die innere Organisation der Ortsverbrüderungen, der

Provinzial-Vororte, der Landes-Vororte und des Borortes des deutschen Handwerkerbundes, bleibt jedem einzelnen

dieser verschiedenen Organe selbst überlassen. Hieran schloß sich eine längere Debatte, an der sich diesmal betheiligten die Herren Böttger, Rektor fing, Stadtrichter Trunk, Pefche, Piest und Schüren.

Zur Abstimmung gebracht, wurden schließlich fämmtliche vier, Punkte einstimmig angenommen.

9) Auf Grund der Kommissions-Vorschläge wurde alsdann nach stattgehabter Berathung, bei der sich betheiligten die Herren Schüren und Hanekamp, ferner beschlossen:

Die Anträge der Tagesordnung 4. sub d. e. f., welche von


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für die thüringischen Staaten: Gotha; für das König

reich Preußen: Berlin; (mit der durch Herrn Besche veranlaßten Erklärung, daß für die schlesische Provinz Breslau als 2. Vorort zu ernennen genehmigt;)

für das Königreich Baiern: München; für das Königreich Hannover: Hannover; für Württemberg: Stuttgart; für das Großherzogthum Medlenburg: Schwerin; für das Herzogthum Holstein: Riel; für Braunschweig:

Braunschweig; für die freien Städte: jede für sich; als Landes-Vororte gewählt wurden.

Nicht vertreten war: Desterreich, Königreich Sachsen, Baden, Kurhessen, Oldenburg und einige kleine Staaten.

Herr. Fabian aus Cöthen will erwarten, daß für die Anhaltischen Staaten der betreffende Landesvorort designirt werde.

Herr Panse befürwortet, daß der Bundes-Vorort dahin wirken möge, daß auch Desterreich und das Königreich Sachsen, ebenso Baden und Kurhessen seine Vertretung finde, Sodann zu Abtheilung 8. der Tagesordnung:

Beschlußfassung über den nächsten deutschen Handwerker

tag." Herr Präsident Schweedt beantragt, Frankfurt a. M. als Versammlungsort für den nächsten Handwerkertag zu wählen.

Mit diesem Antrag erklären sich die Herren Abgeordneten aus Frankfurt a. M.: Herwig, Schlamp und Kapitän auf das bereitwilligste einverstanden und wurde der Antrag einstimmig angenommen. Dem Danke für die Bereitwilligkeit Frankfurtš wurde von der Versammlung durch Aufstehen Ausdruck gegeben.

Sodann begann die Diskussion über verschiedene bisher unerledigte Anträge.

Berichterstatter: Herr Stadtrath Riedel beantragt Namens der Commission, die Anträge unter Ábth. 5. a. bis h. und m. bis q. dem Vororte zu überweisen.

Redner wies "zuvor darauf hin, wie man in unverständiger Weise durch die Presse und in einem Telegramme den Handwerkertag lächerlich zu machen sich abmühe, woraus deutlich zu erkennen sei, wie wenig man die Handwerkerverhältnisse kenne und den Geist Göthe's beachte. Der Redner citirte in Hinweis auf diese Thatsachen aus den Werken Göthe's verschiedenes darauf

. Bezügliches und ging dann zur Tagesordnung über. Die bezeichneten Anträge lauten: 5. a. „Ist der deutsche Handwerkerstand damit einverstanden, daß der im Jahre 1849 von einer dem deutschen Parlament zu Frankfurt a. M. angehörigen Commission ausgearbeitete Entwurf zu einer Gewerbeordnung für das deutsche Reich für die Zukunft in Deutschland Anwendung finde? (Mengel - Gotha.)


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nahm das Wort: Herr Brandenburg.

Derselbe motivirte den Antrag aus seinen Erfahrungen in der Heimath, bezüglich des Berkaufes von Badwerk.

Präsident Schweedt:

Freihandel sei etwas ganz anderes, als man es im Innern Deutschlands zum Theil verstehe, der Engros - Handel müsse frei sein, inwieweit der Kleinhandel mit Handwerkserzeugnissen in Betracht komme, müsse die Gewerbeordnung bestimmen.

Die Versammlung beschloß über Antrag 7.g.: Uebergang zur Tagesordnung.

Herr Theisejans zieht seinen Antrag 7. ad i. zurück, er lautet:

Allgemeine und gleichmäßige Besteuerung der Handwerker." Herr Ertel motivirt fobann den Antrag k., welcher lautet:

„Besteuerung der Maschinen und zwar nach ihrem Kraftund Thätigkeitsverhältniß.“ (Handwerkerverein - Bonn.)

Die Versammlung beschloß über Antrag k.: Uebergang zur Tagesordnung

Nachdem somit die Tagesordnung und sämmtliche Anträge als erledigt anzusehen, stellte Herr Pesche den Antrag:

Die Versanımlung möge beschließen: daß eine Bundesurkunde anzufertigen, und daß der Vorort ermächtiget sei, die Namensliste sämmtlicher Abgeordneten und Ehrenmitglieder als gegebene Namensunterschrift zu benuten.

Der Antrag wurde einstimmig angenommen.

Herr Todt referirte fodann: Die im volkswirthschaftlichen Congreß auf der Tagesordnung stehende Gewerbefrage sei aus ihnen unbekannten Gründen auf eine andere Zeit ausgesetzt, man habe aus diesem Grunde auch nicht Gelegenheit gehabt, an diesem Tage das Wort über diesen Gegenstand nehmen zu können. Der Protest des Handwerkertages sei übergeben und auch, neben anderen eingegangenen Anträgen, verlesen worden, so daß demnach zu erwarten stehe, daß der Wortlaut des Proteftes in die stenographischen Berichte des volkswirthschaftlichen Congresses Aufnahme finden werde. Redner sowohl wie der Mitdeputirte, Herr Eichholz, würden überdies nicht verfehlen, den weiteren Sißungen des Congresses beizuwohnen.

Auf Antrag des Präsidenten, Herrn Schweedt, wurde dem Präsidenten des Lokal-Comités, Herrn Direktor Schmidt, sowie den übrigen Mitgliedern des Comités der Dank der Versammlung für ihre Mühwaltung durch Aufstehen votirt. Gleichen Dant auch allen Denen, welche als Nidt-Handwerker auf dem Handwerkertag erschienen.


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Berlin.

vertrat: Gg. Heinlein Schuhmachermstr. S. Raffa

Schuhmachermstr. Röppen

Dbmstr.d. Schneiders 1 Innung.

Innung. 6. Luft

vereideter Wardein d. ständige Comm. d.

Goldschmiede-Inn. Pr.-8.-Handwt. C. E. Neuhau8 Dbmstr.d. Goldschm.- 1 3nnung.

Innung. A. Banje

Aeltermann d. Schuh- ständige Comm. d.

macher-Innung. Pr.-!-Handwt. Riedel

Stadtrath

(Ehrengast.) Rind Schuhmachermstr. ständige Comm.d.

Br. 2.- Bandwt.

Bibra. Aug. Stod

Sattlermstr.

Bielefeld. Dreinhöfer

Malermstr.

4 Innungen.

Bindersleben. Eberhardt

Tischlernstr.

Berka a. d. Jlm. Fr. Wolf

Strumpfwirkermstr.

Blankenhain. Wilh. Günftel Schuhmachermstr. Eduard Haase Färber. Rey

Tischlermstr. A. Loth

Schmiedemstr. Fr. Müller

Fleischermstr. Franz Redenfeld Weber-Obermstr. Heinr. Spiegler Webermstr.

Bonn. Hoffm. v. Chappuis Oberst-Lieutenant Handw.-Verein. W. A. Ertel

Schuhmachermstr.

Brandenburg. Eisenmenger Schlofjermstr.

Bremen. 9. $. Schmidt Schneidermstr. Mitglied der Ges

werbekammer.


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L. Rönigsdorf H. C. Schulz

Koburg.

vertrat: Schlossermstr.

Köln. Gonditor u. Bädermstr.

Königiee. Schuhmachermstr.

Langensalza. Schlossermstr.

Robeda. Glasermstr.

Lüneburg. Damastweber. 2 Innungen. Bädermstr.

Magdeburg. Barbierer-Oberm. 25 Innungen u. Schornsteinfegermstr. den Handwerks-

meisterverein. Minden. Malermstr.

Stadt und Kreis Drechslermstr.

Minden. Münden. Gemeinde-Bevollm. u. 1 Verein.

Meßgermstr. Strumpfwirker.

Münster. Rector

Handwerkerverein

zu Münster. Neustadt a. O. Buchbindermstr. Schuhmachermstr. Tuchmachermstr. Fleischermstr. Müllermstr., Hieder-Roßla. Färbereibesißer.

Ohrdruff.

vertrat: Schneidermstr.

Osterburg. Schuhmachermstr. Quedlinburg. Bädermstr.

5 Inungen und 1

Verein. Redlinghausen. Sattlermstr. Handwerkerverein

Nutbolstadt. Seilermstr.

Saalfeld. Seifensieder. Sangerhausen.

Schneider Obermstr. Sdwerin (Medlenburg).

Seilermstr. Schneider-Obermstr. Bäderältermann 1 Innung. Hof-Messerschmiedmstr.

Soest. Schreinermstr. 4 Innungen. Sondershausen. Schneidermstr.

Stadtjulza. Nagelschmied.

Stendal.

F. Bergmann W. Müller 6. Shlei 6. Slottmann

F. Müller L. Steiner Ferd. Wagner

Handw.-Verein,

d. 20 Gewerbe

Stettin. Tischlermstr.

Stuttgart. Zimmerwerkinstr. Strumpfmachermstr. Maurer- und Stein-

hauerwerkmstr. Schneidermstr.

Lennstädt. Schuhmachermstr.

Liefurth. Ziegeleibesißer.

Wajdleben. Schneidermstr.

Meida.

6. Apel Balper Theodor Baum 3. Berneburg C. Bernhardt jun. W. Bernhardt sen. Be told Dr. Biedermann Bod H. Böhlau H. Breitung

. Dittelbach F. Donat H. Donndorfi.

. Dünkel I. M. Elkan Carl Ensenbach Aug. Escher B. Fauser sen. W. Fauser jun. R. Frenzel Rich. Gesty C. C. F. Göße 2. Grobe jun. Fr. Günther H. Gither 2. gängen Louis Heine C. Heller Th. Hempel Cári Hergt Friedr. Hergt Wilh. Hefie R. Heßner

Weimar. Tischlermstr. Handschuhmachermstr. Bebermstr. Schuhmachermstr. Uhrmacher.

desgl. Fleischermstr. Profesor Oberbürgermeister Buchhändler. Bäckermstr. Tuchhändler. Kunsthändler. Tischlermstr. Hutmachermstr. Webermstr. Schneidermstr. Strumpfwirker. Hof-Glasermstr. Grajermstr. Schuhmachermstr. Schuhmachermstr. Schneidermstr. Sattlermstr. Seilermstr. Hoflieferant. Böttchermstr. Strohhutfabrikant. Sdriftseger. Sattlermstr. Fleischermstr. Fleischermstr. Sonditor. Auctionator.

C. Heter A. Hille G. Höhne A. I ahreis 2. Rästner Aug. Stanold Joh. Rellner C. Kleinschmidt L. Krankenhagen $. Krehan Kurth E.Rurth C. Leich Liebau Bernh. Luft R. Puppe Joh. Mäder Carl Mangner 6. Martin Möride L. Þabst F. Meyer Dr. Peucer Th. Richtzenhain F. Röhr A. Roltsch E. Roft C. Roltsch Aug. Schied 0. Schmeiffer Aug. Schmidt Fr. Schmidt Fr. Schmidt Dr. Schmith W. Schneider 6. Sdrider sen. Sarl Seidel Fr. Selle Schuhmann Sarl Sennewald Sped

Weimar. Beutler. Instrumentenschleifer. Instrumentenmacher. Shneidermstr. Böttchermstr. Schneidermstr. Bädermstr. Strumpfwirker. Schuhmachermstr. Buchbindermstr. Klempnermstr. Zimmermstr. Commissionar. Kürschnermstr. Shneidermstr. Gürtlermstr. Zeugmachermstr. Beutlermstr. Büchsenfabrikant. Schmiedemstr. Tischlernistr. Pojamentierer. Recht@anwalt. Böttchermstr. Maurermstr.

Seilermstr. Goldarbeiter. Schneidermstr. Bädermstr. Fleischermstr. Director der Handelsschule. Hof-Töpfermstr. Geh. Regierungsrath (Ehrengast.) Bäckermstr. Schneidermstr. Schneidermstr. Maurermstr. Stadtjefretair (Ehrengast.) Schlauchwaarenfabrikant. Seifensieder.

Druđ von Schröder & Nolcke in Berlin, Stallschreiberstr. 30.


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Sind Sie auch mit diesem Antrage einderstanden? (AUgemeiner Ruf: 3a.)

Wir schreiten nun zur Wahl unseres Präsidenten. Es sind in der Vorversammlung als Präsidenten vorgeschlagen die Herren: C. P. C. Schweedt, Malermeister aus Hamburg, Schlossermeifter 3. Menşel aus Gotha und Schlossermeister Sollmann aus Coburg. Þat vielleicht Iemand von den anwesenden Herren Deputirten noch einen oder den anderen Candidaten zum Präfidenten in Vorschlag zu bringen, dann bitte ich, es uns mitzutheilen.

Eine Stimme: Ich glaube, wir können mit vollftem Vertrauen dem Herrn Schweedt das Präsidium ertheilen. Er hat es überall bewiesen, daß er dessen würdig ist.

Schmidt (Fleischermeister aus Rahla): Ich bin zum Sandwerkertage in Gotha gewesen und gehörte der Versammlung mit an. Da habe ich gesehen, daß Herr Sollmann aus Coburg und Herr Menßel aus Gotha dem Präsidium ganz gewachsen sind. Sie haben parlamentarischen Tact, sind wissenschaftlich gebildet, und ich glaube, wir schießen nicht fehl, wenn wir einen dieser Herren wählen. Nach dem jedoch, was ich eben gehört habe, stimme ich für Herrn Sweedt als ersten Präsidenten und für die beiden andern Herren als Vice-Präsidenten. (Bravo.)

Lehrmann (Klempnermstr. aus þamburg): M. geehrten Herren! Wenn sich an dem heutigen Tage Männer aus allen Gegenden Deutschlands die Hand reichen, um mit Wort und That der immer mehr heranschleichenden Gewerbefreiheit entgegenzutres ten, so hoffe ich, daß es unserer Bemühung gelingen wird, Drittel und Wege ausfindig zu machen, um die Männer, die über Völkerwohl zu wachen haben, die Ueberzeugung gewinnen zu lassen, daß kein vernünftiger Mensch, dem das Wohl seiner Mitmenschen am Herzen liegt, die Gewerbefreiheit annehmen kann und wird. Auch ich, m. H., bin gefandt von einer Corporation, die es sich zur Aufgabe macht, mit allen Mitteln, die ihr zu Gebote stehen, der Gewerbefreiheit entgegenzutreten. Ich schlage daher vor, daß wir einen Mann, dessen Name schon genannt ist, und auf den wir Hamburger mit Stolz bliden, ohne dessen Wirten und Zuthun in Hamburg die Gewerbefreiheit schon bedeutende Riefenschritte gemacht haben würde, einen Mann, der ftet8 für das Wohl des Handwerkerstandes gestrebt hat, zu unferm Präsidenten ernennen. (Lebhafter Beifall.)

Fobft (Schneidermeister aus Halberstadt): M. H.! Ein Mann, bei dessen Namen alle deutschen Buise höher schlagen, Schiller, der diesen classischen Boden betrat, rief uns zu: „Seid einig, einig, einig!“ Das ruft er uns auch in diesem Augenblide zu. Herr Schweedt ist zun Präsidenten vorgeschlagen, und er ist nicht unbekannt, nach den Stimmen zu urtheilen, die hier schon laut geworden sind. Ich bin zwar mit dem Herrn nicht persönlich bekannt, und viele der geehrten Herren werden es auch nicht sein; aber der Name ist mir schon seit langer Zeit jo im Gedächiniß, daß ich ihn – wie ich glaube auch in Uebereinstinumung mit der Versammlung - zum Präsidenten vorschlage. Ueber Personalien lassen Sie uns nicht weiter streiten. (Ruf nach Abstimmung.)


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wiederholen, dem Herrn Director Schmidt bei seinem Abtreten von diesem Plat den Dant auszusprechen, den ich im Herzen fühle, und ich bitte Sie, m. 5., mit mir durch Aufstehen in diesen Dank einzustimmen. (Die ganze Bersammlung erhebt ftch.) Es gilt einer Person, welche nicht blos hier. und nicht blos im Local - Comité Weimars fich Verdienste erworben hat, sondern einer Person, die feit langen Jahren bemüht gewesen ist, den Interessen des Handwerkerstandes Rechnung zu tragen. Gott möge Sie erhalten.

Director Schmidt: Als der erste Aufruf in der Zeitung erschien, daß der deutsche Handwerkertag hier tagen würde, und daß hier wichtige Fragen zur Verhandlung tämen, ging ich in die Versammlung und übernahm durch die Wahl das Geschäft des Vorsißenden. M. H.! ich habe es mit Liebe gethan. Für die Ehre, die mir durch den Herrn Präsidenten und durch Sie selbst erwiesen worden ist, sage ich Ihnen meinen verbindlichsten Dant. (Bravo.)

Präsident: M. $., und namentlich diejenigen Serren, welche nicht der Stadt Weimar angehören, zu 3hnen rede ich insbesondere. Weimar hat uns aŭe sfreundlich aufgenommen. Mit einer seltenen Herzlichkeit sind wir in allen Kreisen und Häusern überall empfangen worden. Daran hat zunächst das Local-Comité den entschiedensten Antheil durch seine Bestrebungen, und es hat, wie ich glaube, überall auch freudige Zustimmung für fich gefunden. Mühen und Laften find aber diefem Local - Comité in der Zeit, wo es diese Arbeiten übernahm, gewiß viele erwachsen. Es ist unsere Pflicht, und ich fordere Šie auf – alle diejenigen, welche

' als Gäste in Weimar sind, den Herren, welche das Local-Comité gebildet haben, einen Dant auszusprechen durch Erheben von Ihren Pläßen. (Die Versammlung erhebt sich.)

C. Hergt (aus Weimar): Ich muß im Namen des LocalComités Ihnen meinen Dant abftatten für die Ehre, die Sie uns erwiesen.

Präsident: M. H.! Das leitende Comité des Handwerkertages hat mit dem größten Aufwand geistiger und körperlicher Kräfte seit Monaten schon gewirkt, daß der Tag herbeigeführt werden konnte, um den Aufruf an alle deutsche Hand werker zu erlassen. Es findet gewiß dafür bei Ihnen Aden Anerkennung, Änerkennung für den guten Willen, Anerkennung für die Bortrefflichkeit seiner Anordnungen, Anerkennung für den Eifer, der bis jeßt gezeigt worden ift. M. H.! Die Berfonen dieses Comités bilden eine Elite, der es feit Fahren eine Freude gewesen ist, für die Interessen des Handwerksftandes, des gesammten Mittelstandes und des gesammten Bürgerstandes mit Herz und Kraft zu arbeiten und thätig zu sein. Dieje Kleine Elite - und sie ist in allen deutschen Staaten auch sonst noch vertreten und läßt fidh leicht zählen - fie ist es, welche mit ihrer Thätigkeit immer von Neuem die Maffe in Bewegung feßt. Heute haben Sie ein Bild von einer solchen Bewegung. Und wäre Deutschland ganz vertreten, und wäre der ganze deutsche Bandierterstand der Idee gefolgt, die jenes leitende Comité bejeelt, m. 6., dieser Saal wäre hier unendlich viel zu klein. Ich bitte Sie, m. $., diefem Comité ein Zeichen Ihrer Anerkennung zu geben, indem Sie fich von Ihren Sißen erheben. (Die ganze Versammlung erhebt sich.)


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„Annahme der Geschäftsordnung;

$. 1. Niemand hat das Recht zu sprechen, dem der Vorfißende nicht das Wort ertheilt hat.

§. 2. Sobald über einen Gegenstand die Debatte eröffnet ift, melden sich diejenigen, die das Wort nehmen wollen.

8. 3. Diesen wird das Wort nach der Reihenfolge ertheilt. Rein Redner darf in der Debatte länger als 10 Minuten sprechen.

§. 4. Persönlichkeiten müssen vermieden werden.

§. 5. Den Anordnungen des Vorsißenden muß pünktlich Folge geleistet werden.

§. 6. Abstimmungen geschehen durch bandaufheben, Aufstehen und Zählung, je nach Aufforderung des Vorsißenden.

§. 7. Gegenstände, die nicht auf der Tagesordnung stehen, dürfen nur zur Berathung kommen, wenn sie von der Verfammlung als dringlich anerkannt find.“

M. Þ.! Die Tagesordnung ist kurz, nicht complicirt. Es könnte einer den Einwand machen, es sei nicht für alle Fälle vorgesehen worden. Ich empfehle fte Ihnen aber dennoch, nehmen Sie dieselbe ohne Weiteres en bloc an, weil sie sich bereits bewährt hat. Das kann und muß ich sagen; denn ich

selbft habe sie in einer ebenso schwierigen Versammlung, wie • die heutige ist, gehandhabt, und es ist ohne Anstoß, recht gut

gegangen. Deßhalb empfehle ich Ihnen, sie en bloc anzunehmen. (Bravo.)

Präsident: Herr Stoll aus Hamburg hat das Wort.

Stoll (Schloßfermeister aus Hamburg): Ø. $.! fo wünschenswerth es ist, daß auf Antrag des Herrn Banje die Geschäftsordnung angenommen wird, so glaube ich doch, daß das in §. 3. Gesagte: „Rein Redner darf in der Debatte länger als 10 Minuten sprechen, nicht ohne Gefahr durchführbar ist. Wir alle wünschen es sehr gern, daß unsere Reden kurz und bündig seien. És mögen aber Gegenstände zur Sprache gebracht werden, wo es einem Redner unmöglich sein würde, in 10 Minuten seinen Gedankengang zu entwideln, deßhalb beantrage ich, den Redner länger sprechen zu lassen, wenn die Bersammlung e$ als dringend anerkennt.

Bräsident: Herr Banfe hat das Wort. Banje: Ich hätte in meinem Referat, Ihnen, m. H.,

den


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Sache, weil ich die Frage eben nicht blog für eine Gewerbe frage halte, fo glaube ich denn doch, daß es gut ist, wenn Sie wenigstens keinen Unterschied machen zwischen den Ehrengästen, die aus freiem Antriebe kommen und denen, die geschickt worden sind, aber keine Handwerker find. Wenn ich, als Freiwilliger mit in den Krieg ziehe, so stehe ich doch gewiß hinter dem. nicht zurück, der geworben ist. Ich muß außerdem bemerken, wenn es erlaubt ist, auch einmal pro domo zu reden, daß ich seit 4 Jahren Redacteur und nichts als Redacteur für diese gemeinnütige Frage bin, Redacteur der „Heimath“ bin, leider einer Zeitung, die sehr focal geblieben ist. Es ist in Frantfurt viel zu thun, es ist dort ein ganzer Augiasstall auszufegen. Wir haben es nicht allein mit dem Handwerker zu thun, sondern auch mit einem Shyloc, der nicht blos in der Phantasie des Shakespeare gewesen ist, sondern der wirklich existirt. Dieser und seine Genossen haben angefangen zu wühlen, und gegen sie sind wir aufgetreten. Wenn also meine Wenigkeit in dieser Sache aus eigenem Antriebe gewirkt hat, so möchte ich nicht hinter denen zurüdstehen, die auch als Ehrengäste eingeladen sind.

Präsident: Herr Banfe hat das Wort.

Panje: Es mag Manchem, der hierher gekommen ist, warm um's Herz geworden sein. "Aber, m. H., es geht nicht anders! Nach den bittern Erfahrungen, die wir Handwerker hinter uns haben, können und dürfen wir uns nicht schieben lassen. Es sind Personen hier, die nicht Handwerker sind, aber das Vertrauen hinter sich haben und deßhalb deputirt sind, die mitsfen wir stimmen lassen. Aber wir Sürfen den Vorwurf nicht auf uns laden, daß Literaten-Stimmen mit abgegeben werden. (Ruf: Sehr richtig!) Wir müssen frei und selbstständig beschließen, was wir wollen, dann sind wir das, was wir sein wollen: ein felbstständiger Stand. Aus diesem Grunde bitte ich, nicht anders bestimmen zu wollen, als wie wir die Geschäfts-Ordnung interpretirt haben. (Lebhaftes Bravo.)

Vice-Präsident Sollmann: M. H.! streiten Sie sich nicht weiter. Ich glaube, die Anträge werden derartig erläutert werden, daß fie angenonimen oder verworfen werden. Ich ersuche Sie dringend, die Zeit zu sparen.

Präsident! Der nächste Gegenstand der Tage8 - Ordnung ist No. 4.: Wie find Standesbewußtsein, Selbststän digkeit und Selbstthätigkeit im Handwerkerstande zu beleben und zu erhalten? Statt zu No. 3. kommen wir jeßt zu No. 4., weil das darunter angeführte Material vorweg das allergrößte Gewicht in fich trägt. Unter den An trägen steht zunächst: a. „Sendschreiben an den deutschent Handwerkertag in Weimar von Hugo Hübbe in Ham burg." Der Inhalt dieses Schreibens ist der Art, daß er zu dem Gegenstand der Tages-Ordnung gewissermaßen die Basis bildet, das Verständniß zu der ganzen Frage cinleitet, und das her manche Debatte, die sich erheben wird, unnöthig macht.


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lich und fachgemäß, wenn wir überall Juristen die Staatsan: gelegenheiten leiten sehen. Wenn aber die Jurisprudenz für die Gesetzgebung mit Recht die Oberleitung in Anspruch nimmt, so fält auch auf sie mit Recht die Verantwortlichkeit für den Inhalt der Gefeßgebung. Industrialismus oder sogenannte Gewerbefreiheit, wo dies System zur Herrschaft gelangte, that es dies immer nur an der Hand juristisch gebildeter Staatsmänner.

Die zweite jener beiden, dem Handwerke als Zeitgeist feindlich entgegenstehenden Schulrichtungen entspringt der falschen Lehre einer sogenannten Wissenschaft der national-ökonomischen oder volf&wirthdaftlichen Schule. Diese falsche Lehre betrifft die Begriffe , Arbeit", v Arbeitskraft“, ,, Arbeitslohn". Sie ist nicht das Ergebniß eines aus Anschauung der Dinge, wie sie sind, hervorgegangenen Wissens, also keine ;, wahre Wissenschaft“, sondern ein Ergebniß wilfürlicher, und zwar falscher Annahmen speculativer Gelehrsamkeit.

Als Drittes tritt hinzu: die moderne Philanthropie. Ihrem inneren Wesen nach dem Handwerke Freund, tritt die Unklarheit ihrer Vertreter den berechtigten Forderungen des Handwerkes überall hindernd in den Weg, indem sie es diesen Forderungen erschwert, in das allgemeine Verständniß überzugehen.

Das Zusammenwirken und Ineinandergreifen dieser drei Kräfte bildet die Macht, die als Zeitgeist dem Handwerke feindlich gegenübersteht. Keine dieser füräfte trägt zu ihrem Eingreifen in die Rechtssphäre des Handwerksberufes die geringste Berechtigung in sich selbst. Hicvon , nur und von der Güte seiner eigenen Sache hat sich der Handwerksstand zu überzeugen. Dann kann es ihm nicht fehlen, daß er zu der geistigen Selbstständigkeit durchdringe, welcher gegenüber eine falsche Zeitrichtung ihre Macht nicht behaupten kann, weil eben die Zeit den Glauben an die falsche Richtung verliert.

Fassen wir zu diesem Zwecke jeßt zunächst das Wesen des Industrialismus oder der sogenannten Gewerbefreiheit und darnach die moderne Philanthropie in's Auge, um dann uns zu fragen, was das Wesen der Zunftversassung jci?

Was also ist Industrialismus oder sogenannte Gewerbefreiheit? Eine Anschauung von der Industrie, dem menschlichen' Kunst- und Gewerbefleiße, nach welcher der Arbeiter, gegenüber dem Industriebetriebe, einen selbstständigen, ihm als Industrie-Arbeiter eigenthümlich angehörigen Menschenwerth nicht hat, nach welcher Anschauung es demgemäß, insofern von der Arbeit der Hände für die Industrie die Rede ist, ein dem Arbeiter-Berufe eigenthümliches Rechtsgebiet nicht giebt. Diese Anschauung, welche dem Industrialismus oder der oges nannten Gewerbefreiheit zum Grunde liegt, erkennt für die Menschen, aus deren Händearbeit die Leistungen der Industrie hervorgehen, eine aus der Natur ihrer Thätigkeit sich ergebende, ihrem Berufe demgemäß eigenthümlich angehörige Rechtsphäre nicht an. Unter der Herrschaft des Industrialismus oder der sogenannten Gewerbefreiheit, giebt es im Bereiche der Industrie ein specifisches Berufsrecht nur infofern, als der Mensch Industrie-Erzeugnisse in den Handel bringt. Kurz gesagt, Industrialismus oder sogenannte Gewerbefreiheit ist absolute Verneinung selbstständigen Handwerførechtes.


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Der genannte Philanthrop hat, um zu einem Urtheil hinsichtlich der sozialen Krankheit des modernen Staatskörpers, an welchem Industrie und Handwerk zu den Hauptgliedern zählen, zu gelangen, auf dem Wege zu seinem Ziele fich so verhalten, wie so viele gleich ihm es schon gethan haben. Die leiden, das Wehe, die innere und äußere Noth der Arbeiter ergriffen ihr wohlwollendes Herz, ihr edler Eifer scheute keine Anstrengung, um von den Zuständen des Elende, des Versinkens, der Berkommenheit cine lebendige Anschauung fich anzueiguen. Diefer von ihnen eingeschlagene Weg praktischen Studiums, thatjächlicher Anschauung, ist freilich der richtige, ja, der einzige, der zu dem Ziele hinführt, an welchem in der sozialen Frage das competente Urtheil zu erlangen ist. Aber man darf nicht die eine Hälfte des Weges nur, man muß den ganzen Weg zurüdlegen, und dies unterließen sowohl Simon, wie die zahlreichen übrigen philanthropischen Schriftsteller, welche, um nach Hülfsmitteln für die sozialen Leiden unserer Zeit zu suchen, die Zustände einer, der Zunftverfassung beraubten Industrie zum Gegenstande ihres Studiumg machten.

Wenn sie die eine Hälfte des nothwendig zurückzulegenden Weges hinter sich haben, bleiben sie stehen. Ueberwältigt von der Trauer ob des Uebermaßes von Elend und Jammer, das ihrer Beobachtung fich darbot, erfüllt von dem Verlangen, wenig stens einen Strahl von Hoffnung auf eine bessere Zukunft in das Dunkel der Gegenwart zu jenden, machen sie in ihrem Studium halt, um spekulativem Nachdenken zum Zwede der Auffindung von Mitteln zur Aufhebung des Uebels sich hinzugeben, deren Auffindung ihnen aber nicht gelingt, weil eben das volle Verständniß des Uebels erst dann anfängt, wenn die ihnen noch fehlende, zweite Hälfte des nothwendigen Weges praktischen Studiums ebenfalls zurückgelegt ist.

Praktisches Studium der Zustände, welche eine Folge der Vernichtung der Zunftverfassung sind, wie Simon und so viele Andere es gemacht haben, ist allerdings ein Theil der Aufgabe, die bewältigt werden muß, um in der sozialen Frage zu einem competenten Urtheile durchzudringen, ist aber eben auch nur ein Theil derselben und zwar der am wenigsten schwierige und nicht der wesentlichste.

Der andere Theil der Aufgabe ist praktisches Studium lebendig vorhandener Zunftverfassung, und dieses Studium ist das wesentlich nothwendige.' Ohne ein gründliches Studium dieser Art ist alles spekulative Nachdenken zur Auffindung von Heilmitteln für die soziale Krankheit des Staatsförpers unserer Zeit von so geringem Werthe, wie etwa ein Nachdenken über die Heilung innerer Schmerzen eines Menschen ohne Kenntniß des normalen menschlichen Organismus. Praktisches Studium der Zustände in den arbeitenden Klassen zünftig organifirten Handwerkes zum Zwecke des Erkennens, ob und in wel cher Weise die Verhältnisse solcher Arbeiter in der That auf die Wirksamkeit der Zunftverfassung fich zurüdführen, ist aber ein so überaus schwieriges Unternehmen, daß Jeder, der sich dasjelbe wirklich hat angelegen sein lassen, die Seltenheit eines folchen Studiums allerdings nur sehr erklärlich finden kann.


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Wie es aber zu machen sei, wegen der erforderlichen Höhe des Arbeitslohnes, baritber läßt une die Philanthropie nicht minder im Dunkeln, wie die gewerbefreiheitliche NationalDekonomie.

Aufrechthaltung der nach Maßgabe von Zeit- und Lokalverhältnissen erforderten Höhe des Arbeitslohnes ist aber die Achse, um welche Handwerksrecht und zünftige Organisation des Handwerksberufes fich drehen. Das Recht der Gesammtheit der Berufsgenossen des bestimmten Handwerkés am bestimmten Orte, den Arbeitslohn so zu regeln, daß der Arbeiter als Mensch bestehen kann, ist von allen natürlichen Rechten des Berufes das natürlichste. Dies Recht, praktisch in Anwendung gebracht, ist die Lösung der socialen Frage.

Der Industrialismus überträgt das dem Gebiete des Handel angehörende Prinzip absolut freier Concurrenz auf das Handwerk. Die Anwendung dieses Handelsprinzipes, für die Werthbestimmung menschlicher Arbeitskraft im Handwerke, in der Weise der gewerbefreiheitlichen National - Dekonomie, ist die gröbste Mißachtung des gesunden Menschenverstandes, welche stubengelehrte Weisheit sich jemals hat zu Schulden kommen lassen, und macht die sogenannte Gewerbefreiheit von vorne herein und nothwendig zur Erzeugerin von Pauperismus und Proletariat.

Das leblose Verhältniß von „Angebot und Nachfrage," die Achse des Industrialismus oder der sogenannten Gewerbefreiheit, darf als fachgemäßer Regulator für leblose Werthinhalte betrachtet werden, solche Werthinhalte, mit denen der Besiger zurückhalten, die der Besiber einstweilen unverkauft lassen kann, wenn die Preise, welche die Nachfrage bietet, die Herstellungstoften oder den natürlichen Werth nicht decken. Die menschliche Arbeitskraft im Handwerke ist aber ein Werthinhalt, der weder ein Rapital ist, noch eine Waare. Arbeitskraft ist für den Arbeiter kein kapital, denn wenn ihm der angebotene Zinsfuß, das heißt der Arbeitslohn für die mögliche Arbeitszeit eines Tages, die nothwendigen Herstellungskosten der Arbeitskraft für den folgenden Tag nicht dect, so kann er eine noch gar nicht vorhandene Arbeitskraft der Zukunft, also eine 3Uusion, nicht liquide oder zu Gelde machen, um einstweilen von einem solchen Kapital zu zehren, bis durch Zurüchaltung vom Angebot die steigende Nachfrage den Zinsfuß, das heißt den Arbeislohn, so weit hebt, daß er, der Arbeiter, dabei bestehen kann. Ebensowenig wie Rapital ist für den Arbeiter die Arbeitskraft eine Waare, mit welcher er Handel treibt oder treiben könnte. Eine Waare kann man sehen und fühlen, man kann sie aufspeichern und wenn dem Befißer die Preise, welche ihm die Nachfrage für seine Waare bietet, nicht hoch genug erscheinen, so kann er sie liegen lassen, um steigende Conjunctur abzuwarten; die Waare bleibt darum, was sie ist. Tausend Säde Kaffe sind auch nach vier Wochen oder Monaten der Aufspeicherung immer noch Tausend Säde Staffe. Menschliche Arbeitskraft dagegen ist überhaupt nicht etwas für sich allein Vorhandenes. Menschliche Arbeitskraft ist der Mensch selbst und wer menschliche Arbeitskraft als Waare betrachtet, der macht damit den Menschen selbst zur Waare und zwar zu einer solchen Waare, deren gestriger Inhalt heute nicht mehr und deren morgender Inhalt heute noch nicht vorhanden ist und deren Inhalt heute verwerthet werden muß, um ihr für den morgenden Tag überhaupt erst das Dasein zu geben.


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. Dennoch wird behauptet, der Zustand des Industrialismus sei eine „ökonomische Organisation“ und eine glüdliche Umgestaltung des gesellschaftlichen Zustandes der Arbeiter.

Eine Organisation, deren Wirkung auf ihren eigenen Inhalt eine Desorganisation ist und eine glüdliche Umgestaltung, deren Wirkungen man um jeden Preis beseitigen muß, wenn man nicht untergehen will!! Mehr kann man in der That nicht verlangen.

Um aber aus der Desorganisation wieder zu der Organisation zu kommen, welche niemals das Familienleben unterdrückt und niemals Elend erzeugt hat, müssen Staatsmänner, NationalDekonomen und Philanthropen vor allen Dingen den Preis nicht zu hoch finden, daß fie einer Begrifføverwirrung den Abschied geben, die das unvermeidliche Resultat speculativen Nachdenken ist, dem die lebendige Anschauung derjenigen Dinge fehlt, welche ein solches Nachdenken zu seinem Gegenstande nimmt.

Im französischen Handwerksstande felbst ist das Verständnis des ihm entrissenen Berufs-Rechtes nicht verschwunden, wird auch nie ganz verschwinden, denn das Handwerk selbst überliefert dies Verständniß den nachdenkenden Genossen des Berufes stets aufs Neue von einer Generation zur andern. Aber die Lage des französischen Handwerksstandes, gegenüber der akademischen Bildung seiner Nation, ist eine hoffnungslose. Die akademische Bildung Frankreichs hat die Fähigkeit verloren, zeigt wenigstens nirgend die Spur einer solchen, spezifisches Rechtsleben überhaupt zu verstehen. Durch die akademische Schule der Nation hindurch nimmt aber in unserer Zeit die Entwickelung der allgemeinen inneren Angelegenheiten nothwendig ihren Durchgang. Das Leben wird freilich auch in Frantreich nicht aufhören, thatsächlich zu beweisen, daß das Leben stärker fei, als die Schule, aber wo die Schule überhaupt unfähig wurde, das Leben zu verstehen, erschöpft sich, in dem Rampfe beider, endlich das Ganze bis zum Untergange.

Die Lage des deutschen Handwerkerstandes ist eine andere. Freilich hat auch in Deutschland die akademische Bildung, beziehungsweise, dem Leben sich entfremdet, aber nicht entfernt in dem Maaße, wie ihre Schwester jenseits des Rheines. Der deutsche Handwerksstand hat nur seines Rechtes klar fich bewußt zu werden und, wie ein deutscher Mann, fest für dasselbe aufzutreten, so kann und wird es nicht fehlen, daß die akades mische Schule ihrer Versündigung an dem Rechtsleben, dessen Studium ihre Pflicht ist, sich bewußt wird, und daß sie diese Versündigung, in wissenschaftlicher Zurüdführung der Staatskunst zum Verständnisse und zur Achtung des HandwerksRechtes, wieder gut macht.


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Präsident: 3d fordere die Versammlung auf, ihren Dank für dies Telegramm durch Aufstehen zu bezeugen. Der Herr Abgeordnete aus Frankfurt a. M. wird diesen unsern Dank seinen Landsleuten berichten. (Die ganze Versammlung erhebt sich.)

0. Chappuis (Obrist-Lieutenant - aus Bonn): M. H.! ich erlaube mir den Antrag zu stellen: die goldenen Worte des Sendschreibens des Herrn "Hübbe der Deutschen BürgerZeitung zur Veröffentlichung zu überweisen und allen VolksRammern und deutschen Regierungen ein Eremplar der Zeitung, welches das Sendschreiben enthält als Material zur Beurtheilung der sozialen Frage zu überweisen. Ich glaube, wenn das, was dieses Sendschreiben enthält, zur Wahrheit wird, dann hat das Handwerk wieder den goldenen Boden gewonnen, der ihm verloren gegangen ist. (Ruf: Sehr wahr!) Es könnte zwar bei der Ueberweisung an die Volks-Stammern fo gehen, wie es mir vor Kurzem mit einem Bekannten in Bonn gegangen ist, der sich in etwas unlogischer Weise wie es mir chien - gegen die Gewerbeordnung ausließ, und dem ich vorschlug, eine kleine Schrift, die ich vor zwanzig Jahren über die desorganisirenden Folgen der Gewerbefreiheit ichrieb, zu lesen, der mir dann aber achselzuckend sagte: „Wenn es gegen die unbedingte Gewerbefreiheit ist, dann bedaure ich sehr, das lese ich nicht." (Heiterkeit.)

Präsident: Herr Wagner aus Stuttgart hat das Wort.

Wagner (aus Stuttgart): Indem ich mich anschließe an das, was eben gesagt ist, glaube ich, daß es nicht genügen wird, diese Abhandlung nur in die Deutsche Bürger - Zeitung aufzunehmen; sondern, da dieses Sendschreiben jo umfangreich isto wie noch keins von den verschiedenen Schreiben, die über Gewerbeordnung und Gewerbefreiheit geschrieben worden sind, so beantrage ich, es in einer Broschüre drucken zu lassen und dem Buchhandel zu übergeben. Es wird an Absatz nicht fehlen; denn es dient dem Handwerker zum Wegweiser, es dient der volkswirthschaftlichen Theorie als Zurechtweiser und es dient den geseßgebenden Rammern und Staatsmännern als Vorstellung. (Beifall.)

Präsident: Ich ertheile Herrn Voges aus Hamburg das Wort.

· Voges (Wundarzt aus Hamburg): M. H.! Der Antrag, den ich habe stellen wollen, ist theilweis erledigt, daß nämlich das Sendschreiben dem Druck übergeben werden soll. Ich glaube, wir sind das unserm Hugo Hübbe schuldig. Es ist eine Persönlichkeit, die gewissermaßen dem ganzen Handwerksstand Deutschlands ein neues Leben eingehaucht hat. þerr $. Qübbe ist nicht zu uns gekommen, und wir haben ihn nicht gesucht. Er hat aus freiem Antriebe für das Beste des Handwerksstandes diefes Schreiben verfaßt. Er hat noch mehr gethan. Er hat schon seit 1848 für den Handwerksstand mit dem größten Eifer gearbeitet; und was er in diesem Sendschreiben niedergelegt hat, das ist seine Ueberzeugung. Ich schließe mich dem Antrage án, daß wir es als Broschüre bruden lassen, und es in viel tausend Eremplaren zu verbreiten suchen. Denn wer es aufmerkjam liest und ein warmes Herz und ein wachsames Ohr für den Handwerksstand hat, bei dem wird das Sendschreiben Früchte tragen; und daß es diese trägt, das ist mein innigster Wunsch. (lebhafter Beifall.)


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Nachdem mehrfach der Ruf nach Schluß ertönt und Ertel (Schuhmachermstr. aus Bonn) auf die Schwierigkeiten hingewiesen hat, denen die Verbreitung der für Gewerbeordnung fich ausSprechenden Schriften in der Rheinprovinz unterliegt, stelt Herr Direttor Schmidt den Antrag: dafür Sorge zu tragen, daß das Sendschreiben auch in die Desterreichischen und Baier'schen Zeitungen aufgenommen wird. Der Herr Präsident bedeutet ihm: daß dieser Antrag in den bereits gestellten Anträgen mit enthalten sei.' Herr Schmidt zieht seinen Antrag zurüd.

Präsident: Ich ersuche diejenigen Herren, sich zu erheben, welche für den Antrag sind: daß das Sendschreiben ebenfowohl in den stenographischen Berichten, wie in der

Deutschen Bürger-Zeitung als auch in BroschürenForm erscheint. (Geschieht.)

Der Antrag ist angenommen.

Ein zweiter Antrag ist gestellt worden: Dem Herrn Hugo Hübbe einen Dank in dieser Versammlung zu botiren.

Ich ersuche diejenigen Herren, welche diesen Dank aussprechen wollen, sich zu erheben. (Die ganze Bersammlung erhebt sich.)

...Ich habe der geehrten Versammlung ein Telegramm aus Schweidniß zur Mittheilung zu bringen: „Dem deutschen Handwerkertag brüderlichen Gruß. Einigkeit und Ausdauer. Schweidnis, den 5. September 1862. Martini, Namens der Vorstände von 25 hiesigen Innungen." (Lebhaftes Bravo.)

Ich ersuche die geehrte Versammlung, da aus Schweidnit felbst Deputirte nicht hier sind, wenigstens den Herren Abgeord(heten aus der Provinz Schlesien gegenüber durch Aufstehen es zu bekunden, daß sie die Begrüßung dankend entgegennimmt. (Geschieht.) Da der Wunsch ausgesprochen worden ist, eine Pause seintreten zu lassen, so vertage ich die Sißung bis Nachmittag 32 Uhr. (Vertagung der Sißung 12 Uhr 20 Minuten.)

Wiedereröffnung der Sißung durch den Herrn Prä:sidenten Schweedt bald nach 2 Uhr.

Präsident: Ehe wir zur Geschäftsordnung kommen, erlaube ich mir, m. $., Ihnen Anzeige zu machen von einigen einges gangenen Sendschreiben und Beiträgen. Zu den Lettern gehört ein Beitrag von 1 Thlr. der Vertreter des Sandwerkerstandes in Nordhausen, ferner aus Bromberg: 2 Thlr. 20 Sgr. Beide Beiträge werden mit Dank angenommen. Aus Lüneburg ist ein Schreiben des Herrn Senator Bornemann eingegangen, welcher bittet, daß eine Schrift: ,An unsere Handwerksgenossen im Königreich Hannover," einem jeden Comité-Mitglied in einem Eremplar überreicht wird, um in Gemeinschaft mit den übrigen Deputirten eine Besprechung der darin enthaltenen Ansichten zu veranlassen. Ich erlaube mir den Herren aus der Stadt Hannover die Broschüre einzuhändigen, um das Uebrige mit den Herren Deputirten aus den Hannoverfchen Städten zu veranlassen.