Zu krank zum Arbeiten zu gesund für Rente

Ebenfalls auffällig ist die große Zahl von Neubildungen, also Krebserkrankungen, die zu einer vollen EM-Rente geführt haben – mehr als 11.000 Fälle gab es dazu im Jahr 2019. Erst knapp dahinter folgen die Krankheiten des Muskel- und Skelettsystems: Knapp 9.700 Menschen hatten demnach so große Probleme mit Wirbelsäule oder anderen Körperteilen, dass sie dauerhaft nicht mehr arbeiten können.

Warum wird die Erwerbsminderungsrente so oft abgelehnt?

Beim Blick in die Statistik der DRV fallen drei Ursachen ins Auge, die dafür sorgen, dass EM-Renten versagt werden: Lücken bei der Wartezeit, gesundheitliche Gründe sowie fehlende Mitwirkung. Beginnen wir mit den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.

Wartezeit nicht erfüllt

Die Regeln sind eigentlich simpel. Wer Chancen auf eine EM-Rente haben will, muss mindestens fünf Jahre in der DRV versichert sein. In den letzten fünf Jahren vor dem Eintritt der Erwerbsminderung sollten Sie außerdem 36 Monate Pflichtversicherungszeiten vorweisen können. Falls Sie bei einem der beiden Punkte keinen Haken setzen können, brauchen Sie den Antrag gar nicht erst stellen. Eine Ausnahme besteht nur bei sehr jungen Menschen.

Weitere allgemeine Informationen zur EM-Rente finden Sie übrigens in diesem ausführlichen Beitrag.

Erwerbsminderungsrente: Antrag und Voraussetzungen | volle und teilweise Rente | Hinzuverdienst und Versteuern

Dass dennoch so viele Menschen beim Antrag an genau jener Hürde mit den Wartezeiten scheitern, ist überraschend. Im Jahr 2019 wurden fast 31.000 Anträge mit diesem Hinweis abgelehnt. Erkundigen Sie sich also bitte vor dem Antrag, ob Sie diese wichtige Voraussetzung erfüllen. Das geht kostenlos, direkt bei der Deutschen Rentenversicherung. Alternativ können Sie sich auch an den SoVD wenden.

Die weitaus größte Ursache, warum Betroffene auf dem Weg in die Erwerbsminderungsrente scheitern, hängt jedoch mit der Gesundheit zusammen.

Keine verminderte Erwerbsfähigkeit festgestellt

Während es rund um die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur wenig zu streiten gibt, liegt die gesundheitliche Verfassung immer ein bisschen im Auge des Betrachters. Da gibt es einmal den Antragsteller selbst. Wenn Sie selbst nicht davon überzeugt wären, dass Sie schwer krank sind – dann würden Sie auch keinen Antrag stellen. Doch um einen Antrag zu bearbeiten, setzt die DRV auf die Meinung von Ärzten. Und hier gibt es in der Praxis oft sehr unterschiedliche Ansichten, wie es um das restliche Leistungsvermögen auf dem Arbeitsmarkt bestellt ist.

Relevant ist sowohl die Meinung Ihrer eigenen Ärzte als auch die eines Amtsarztes. Dessen Gutachten entscheidet am Ende darüber, ob Ihnen die Rente ausgezahlt wird oder nicht. Aber Sie sollten die Auffassung Ihres Haus- oder Facharztes auf jeden Fall unterschätzen: Denn was dieser in seinem Befundbericht dokumentiert, hat in der Regel großen Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens. Genau wie beim Schwerbehindertenausweis kommt Ihrem Vertrauensarzt also eine enorm wichtige Rolle zu.

2019 wurden mehr als 93.000 Anträge zur Erwerbsminderungsrente abgelehnt, weil die gesundheitlichen Voraussetzungen nicht erfüllt waren. Oder mit anderen Worten: Weil die Ärzte der Deutschen Rentenversicherung der Meinung waren, dass die betroffenen Personen noch mehr als drei Stunden am Tag irgend einer Arbeit nachgehen können. Mehr als zwei Drittel aller Anträge scheitern also an diesem Punkt.

Auch mangelnde Mitwirkung kann EM-Rente verhindern

Fast 14.000 Anträge wurden 2019 abgelehnt, weil der Antragsteller es an „Mitwirkung“ fehlen ließ. Im Durchschnitt also 37 Anträge pro Tag. Doch was genau heißt „mangelnde Mitwirkung“ in Bezug auf den Antrag zur Erwerbsminderungsrente?

Wenn Sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeitsfähig sind, soll eine Rente wegen voller Erwerbsminderung Ihr Einkommen ersetzen. Können Sie noch einige Stunden täglich arbeiten, ergänzt die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung das Einkommen, das Sie selbst noch erzielen.

Wichtig:
Sie dürfen die Regelaltersgrenze – das ist der Zeitpunkt, an dem Sie die reguläre Altersrente beziehen können – noch nicht erreicht haben.

Wann bekomme ich eine Erwerbsminderungs­rente?

Reha kommt vor Rente

Sie haben die Regelaltersgrenze für die reguläre Rente noch nicht erreicht. Darum prüfen wir zunächst, ob wir Ihnen helfen können, Ihren Lebensunterhalt wieder selbst zu bestreiten. Die Möglichkeiten dafür sind:

  • Ihre Erwerbsfähigkeit durch eine medizinische Rehabilitation zu verbessern.
  • Sie mit einer beruflichen Rehabilitation zu unterstützen, damit Sie sich beruflich orientieren können.
  • Ist beides nicht möglich, beurteilen wir, wieviel Sie noch arbeiten können. Davon hängt ab, ob für Sie eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung in Frage kommt.

Weitere Voraussetzungen:

  • Sie müssen mindestens fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung in der Deutschen Rentenversicherung versichert sein (die sogenannte allgemeine Wartezeit)
  • Sie müssen grundsätzlich in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge an die Rentenversicherung gezahlt haben, zum Beispiel während einer versicherten Beschäftigung

Wie beantrage ich meine Rente?

Was gehört zur Wartezeit?

Zeiten und Beiträge für die Erwerbsminderungsrente

  • Beitragszeiten, das können zum Beispiel Pflichtbeiträge sein, die Sie zusammen mit Ihrem Arbeitgeber gezahlt oder als Selbständige/Selbständiger alleine gezahlt haben. Unter bestimmten Voraussetzungen zählen auch Zeiten, in denen Sie Krankengeld, Arbeitslosengeld, im Zeitraum von Januar 2005 bis Dezember 2010 Arbeitslosengeld II oder Übergangsgeld bezogen haben,
  • freiwillige Beiträge, die Sie allein gezahlt haben,
  • Kindererziehungszeiten für die ersten 2,5 beziehungsweise 3 Lebensjahre,
  • Zeiten der nicht erwerbsmäßigen häuslichen Pflege,
  • Zeiten aus einem Versorgungsausgleich bei Scheidung,
  • Zeiten aus Minijobs (ohne eigene Beitragsaufstockung allerdings nur anteilig),
  • Zeiten aus einem Rentensplitting unter Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern,
  • Ersatzzeiten (zum Beispiel Zeiten der politischen Verfolgung in der DDR).

Sie haben in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung unverschuldet keine drei Jahre Pflichtbeiträge zahlen können? Zum Beispiel weil Sie schwanger oder arbeitsunfähig waren? Dann wird die Zeit, in der Sie keine Beiträge zahlen konnten, herausgerechnet und der Fünfjahreszeitraum um diese Zeit in die Vergangenheit verlängert. Unter Umständen erreichen Sie dadurch die geforderten drei Jahre Pflichtbeiträge.

Wenn Sie bereits vor 1984 die Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben und in der Zeit von 1984 bis zum Eintritt Ihrer Erwerbsminderung jeder Monat mit sogenannten Anwartschaftserhaltungszeiten (zum Beispiel freiwillige Beiträge, unter bestimmten Voraussetzungen auch Zeiten der Arbeitslosigkeit) belegt ist, können Sie rentenberechtigt sein, obwohl Sie die drei Jahre Pflichtbeiträge innerhalb des Fünfjahreszeitraumes nicht erfüllen.

Sie brauchen keine fünf Jahre Wartezeit zu erfüllen, wenn einer der folgenden Gründe dazu geführt hat, dass Sie voll oder teilweise erwerbsgemindert sind:

  • ein Arbeitsunfall
  • eine Berufskrankheit
  • eine Wehrdienst- oder Zivildienstbeschädigung
  • politische Haft

In diesen Fällen genügt ein einziger Beitrag zur Rentenversicherung. Bei einem Arbeitsunfall beziehungsweise Eintritt einer Berufskrankheit ist Voraussetzung, dass Sie zum Zeitpunkt des Unfalls oder der Erkrankung versicherungspflichtig waren. Waren Sie nicht versicherungspflichtig, müssen Sie für mindestens zwölf Monate Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten zwei Jahren vor dem Unfall oder der Erkrankung gezahlt haben.

Sie brauchen auch keine fünf Jahre Wartezeit zu erfüllen, wenn Sie

  • innerhalb von sechs Jahren nach dem Ende einer Ausbildung voll erwerbsgemindert geworden sind und
  • in den zwei Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens zwölf Monate Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gezahlt haben.

Der Zeitraum von zwei Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres, längstens jedoch um sieben Jahre.

Rente wegen voller Erwerbsminderung

Sie erhalten eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn Sie wegen Krankheit oder Behinderung weniger als drei Stunden täglich arbeiten können. Und zwar nicht nur in Ihrer, sondern in allen Tätigkeiten. Wir prüfen das anhand ärztlicher Unterlagen. Eventuell fordern wir weitere Gutachten an.

Erwerbsminderung für Menschen mit Behinderung

Voll erwerbsgemindert sind Sie grundsätzlich auch, wenn Sie:

  • in einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen arbeiten oder
  • in einer anderen beschützenden Einrichtung beschäftigt sind und
  • wegen der Art und Schwere Ihrer Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.
  • Wenn Sie vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllt haben, gibt es trotzdem die Möglichkeit eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu bekommen: Sie müssen dann die Wartezeit von 20 Jahren erfüllen – beispielsweise 20 Jahre in einer Werkstatt für behinderte Menschen gearbeitet haben – und ununterbrochen voll erwerbsgemindert geblieben sein.

Unser Tipp:
Sie sind nicht sicher, ob Sie diese Voraussetzungen erfüllen? Lassen Sie sich von uns beraten.

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Erwerbsminderungsrente und Nebenjob

Wenn Sie eine volle Erwerbsminderungsrente bekommen und trotz Ihrer gesundheitlichen Einschränkung mehr als 6.300 Euro jährlich verdienen, wird Ihre Rente nicht mehr in voller Höhe oder eventuell gar nicht mehr gezahlt. Auch der zeitliche Umfang spielt eine Rolle. Bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung dürfen Sie also weniger als drei Stunden täglich arbeiten. Arbeiten Sie mehr, kann unter Umständen Ihr Anspruch auf die Rente ganz entfallen. Bitte informieren Sie sich daher schon vor Aufnahme eines Nebenjobs, welche Auswirkungen dies auf Ihre Rente hat.

Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung

Sie erhalten eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn Sie wegen Krankheit oder Behinderung noch mindestens drei, aber nicht mehr sechs Stunden täglich arbeiten können. Und zwar nicht nur in Ihrer, sondern in allen Tätigkeiten. Wir prüfen das anhand ärztlicher Unterlagen. Eventuell fordern wir weitere Gutachten an. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist halb so hoch wie die Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Rente ergänzt dann Ihre Einkünfte aus einer Teilzeitbeschäftigung.

Rente wegen teilweiser Erwerbminderung und weiteres Einkommen

Haben Sie neben einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung weiteres Einkommen, weil Sie zum Beispiel einen Teilzeitarbeitsplatz haben, kann sich dieses auf Ihre Rentenhöhe auswirken. Ihre Hinzuverdienstgrenze wird individuell ermittelt. Wird sie überschritten, erhalten Sie Ihre Rente nicht mehr in voller Höhe, sondern gekürzt. Unter Umständen ruht die Rente auch ganz. Auch der zeitliche Umfang spielt eine Rolle. Bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung dürfen Sie also weniger als sechs Stunden täglich arbeiten. Bitte informieren Sie sich schon vor Aufnahme einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit, welche Auswirkungen dies auf Ihre Rente hat.

Was ist, wenn es keine Teilzeitarbeit gibt?

Wenn Sie arbeitslos sind, weil ein entsprechender Teilzeitarbeitsplatz nicht vorhanden ist, können Sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bekommen, obwohl Sie aus medizinischer Sicht nur teilweise erwerbsgemindert sind.

Sonderregelung für Jahrgänge bis 1961

Wenn Sie vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, gilt für Sie eine Vertrauensschutzregelung: Sie können bei Berufsunfähigkeit wegen gesundheitlicher Einschränkungen eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bekommen.

Voraussetzung dafür ist:

  • Sie können in Ihrem bisherigen Beruf, für den Sie qualifiziert sind, nicht mehr oder nur noch weniger als sechs Stunden täglich arbeiten,
  • Sie sind in einem anderen Beruf aber noch mindestens sechs Stunden täglich einsetzbar. In diesem Fall prüfen wir aber noch, ob Ihnen eine andere Tätigkeit zugemutet werden kann.
  • Diese Tätigkeit muss Ihrem Leistungsvermögen und Ihren Fähigkeiten entsprechen und
  • Ihnen im Hinblick auf Ihre Ausbildung, den bisherigen beruflichen Werdegang und die erlangte soziale Stellung zumutbar sein,
  • Auf dem Arbeitsmarkt müssen genügend solcher Arbeitsplätze bereitstehen. Es ist aber nicht erforderlich, dass diese Arbeitsplätze auch frei sind und damit tatsächlich zur Verfügung stehen. 
  • Grunsätzlich gilt: Ein Beruf, für den Sie durch berufliche Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind, ist immer zumutbar.

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