Was passiert wenn man einen Monat nichts isst

Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages. Vielen von uns wurde dieser Satz von klein an beigebracht. Immer mehr Studien zeigen aber, dass er vielleicht doch nicht ganz zutrifft. Und Fasten – in welcher Form auch immer – wird immer beliebter.

Die meisten Menschen fasten, indem sie das Frühstück auslassen. Für den Rest des Tag wird das Fasten dann gebrochen. Andere verzichten auf das Abendessen. So oder so, diese Variante wird als 16:8-Fasten bezeichnet: Man fastet 16 Stunden lang und darf dann innerhalb eines Zeitfensters von acht Stunden alles essen. Eine weitere beliebte Variante des Intervallfastens ist es, an einem Tag zu essen, was man will, aber am nächsten gar nichts zu sich zu nehmen.

Fasten bringt einige gesundheitliche Vorteile – es lässt zum Beispiel Entzündungen zurückgehen, senkt den Blutzucker und soll das Leben verlängern (das wurde bisher aber nur bei Laborratten festgestellt). Es gilt jedoch immer: Wer darüber nachdenkt zu fasten, sollte sich genau über die Motivation dahinter im Klaren sein. Denn über längere Zeit hinweg freiwillig auf Mahlzeiten zu verzichten, kann ein Anzeichen für eine Essstörung sein.

Ein Trend der innerhalb der Fasten-Community immer mehr Anhänger findet: 72 Stunden lang absolut gar nichts essen. Aber wie genau reagiert der Körper auf einen solch extremen Verzicht? Diese Frage haben wir mehreren Ärzten und Ernährungsexperten gestellt.

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Für viele von uns ist es kein Problem, mal aufs Frühstück zu verzichten – vor allem dann, wenn durch die Arbeit genug Ablenkung und ausreichend Kaffee da sind. Wenn aber auch das Mittagessen wegfällt, wird sich dein Gehirn spätestens nachmittags melden und nach einer neuen Tankfüllung verlangen. Auch das soziale Umfeld bekommt das mit, denn in diesem Zustand verhältst du dich wegen deines Hungers wie ein gereiztes, bockiges Kleinkind.

Eine Studie hat sich mit diesem hungrig-wütenden Zustand beschäftigt und herausgefunden: Schuld ist eine Störung der Selbstregulierung des Gehirns. Die löst eine komplizierte emotionale Reaktion aus – beeinflusst durch Biologie, Persönlichkeit und Umwelt. Zusammen mit dem sinkenden Energievorrat und dem knurrenden Bauch verwandelt diese Reaktion den Beginn des 72-Stunden-Fastens in eine extreme Herausforderung.

Wenn du diese erste Hürde aber überwunden hast, wird an Tag zwei oder drei alles viel besser. "Der langsame Rückgang des Hungergefühls ist in physiologischen Studien gut dokumentiert. Im Laufe von mehreren Fasttagen sinkt der Ghrelin-Spiegel", sagt Jason Fung. Er ist Nierenfacharzt und Mitautor des Buchs The Complete Guide to Fasting. Ghrelin ist ein im Magen produziertes Hormon, das Hunger auslöst. Wenn dein Magen nicht voll und gedehnt ist, wird mehr Ghrelin ausgeschüttet. Häufig geht das Hungergefühl bei länger andauerndem Fasten aber zurück, erklärt Fung.

Was hier wichtig ist: Bei einem gesunden Menschen dauert es viel länger als 72 Stunden, bis er verhungert. Im British Medical Journal heißt es, dass Menschen ohne Essen sogar 30 bis 40 Tage lang überleben können – vorausgesetzt, sie trinken ausreichend. Darüber, wie lange ein Mensch ohne Nahrung überleben kann, bestimmten vor allem Faktoren wie Körpergewicht, Gene, Gesundheit und der Dehydrierungs-Grad, schreibt der Arzt Alan D. Lieberson im Scientific American.

Fung nennt im Zusammenhang mit Fasten einen Stoffwechselzustand namens Ketose. Darin landest du, wenn dein Körper seine Glukose-Ration nicht mehr aus der Nahrung bekommt – und sich nach alternativen Energielieferanten umsieht. Das sind meistens Fettzellen. Deshalb fasten viele Fitness-Pumper auch so gerne und reden begeistert darüber, dass Fasten und Ketose ihren Prozentsatz an Körperfett ins Einstellige sinken ließen. Studien zeigen, dass sie damit recht haben könnten. Was die Muskelprotze oft verschweigen: Das Ganze hat einen ziemlich hohen Preis.

Ein Abfallprodukt der Umwandlung deiner Plautze in Energie sind sogenannte Ketokörper. "Der Körper wird die Ketokörper unter anderem über den Atem wieder los, der dadurch süßlich und fruchtig riecht", sagt die Ernährungswissenschaftlerin Amy Shapiro und drückt das Ganze damit recht blumig aus. Eigentlich will sie sagen, dass dein Atmen nach Nagellackentferner stinkt. Forschungen haben gezeigt, dass nach Aceton riechender Atem ein verlässliches Anzeichen dafür ist, dass der Körper Fett verbrennt. Dafür nimmt man doch gerne in Kauf, dass die Leute um einen herum aufgrund des höllischen Mundgeruchs lieber auf Abstand gehen.

Ja, beim 72-Stunden-Fasten verlierst du Gewicht, aber nicht nachhaltig, sagt Shapiro: "Man wird sehr wahrscheinlich mehr Gewicht in Wasser als in Körperfett verlieren, weil der Körper zuerst den Glykogen-Vorrat als Energielieferant heranzieht", sagt die Ernährungswissenschaftlerin. "Beim Glykogen-Abbau geht Wasser verloren. Wirklich Fett loszuwerden, dauert viel länger."

Viele Leute würden behaupten, dass es ziemlich schwachsinnig ist, drei Tage lang nichts zu essen. Wenn du deine Hirnfunktion ankurbeln willst, ist es aber vielleicht gar nicht verkehrt. Das legen zumindest Versuche mit Nagetieren nahe.

Forschende der Yale-Universität haben für eine Studie das oben erwähnte Hungerhormon Ghrelin in Mäuse injiziert und dann festgestellt, dass sich die Ergebnisse der Tiere bei Lern- und Gedächtnistests um 30 Prozent verbesserten. Für eine andere Studie haben Forschende der Swansea University Ghrelin in im Labor gezüchtete Mäusegehirnzellen gegeben. Die Infusion aktivierte ein Gen, das die Neurogenese auslöst – also einen Prozess, bei dem sich die Hirnzellen teilen und vermehren.

Wie bereits gesagt schüttet der Magen am Anfang der Fastenperiode ordentlich Ghrelin aus. Shapiro zufolge könnte dieser Vorgang aus einer Zeit stammen, in der man sein Essen noch mit einem Speer jagen musste. "Wenn man lange Zeit nichts zu essen hat, schützt der Körper vor allem zwei Organe, nämlich das Gehirn und bei Männern die Hoden. Der Rest schrumpft zusammen", erklärt die Ernährungswissenschaftlerin. "Biologisch gesehen hängt das wahrscheinlich damit zusammen, dass man klar denken muss, um längere Zeiten ohne Essen auszukommen und um wieder etwas zu essen zu finden."

"Fasten gilt als mentaler, körperlicher und spiritueller Neustart", sagt der Ernährungswissenschaftler Jim White. Er sagt, Menschen, die drei Tage lang gefastet hatten, berichteten danach, dass sie sich dadurch mit ihren angestauten Emotionen auseinandergesetzt hätten – und so mental gestärkt aus dem Fasten hervorgegangen seien. "Außerdem lernt man durch das Fasten selbstverständliche, alltägliche Dinge besser zu schätzen. Etwa ein Glas kaltes Wasser oder das eigene Bett", so White. "Wenn man sich beim Fasten auf die spirituellen und mentalen Zusammenhänge konzentriert und nicht auf Essen und die Bequemlichkeiten des Lebens, folgt mentale Klarheit fast automatisch."

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Fünf Tage bewusst auf Essen verzichten: Das klingt erstmal hart. Einfach so und ohne sich zu informieren, sollte man das auch nicht machen. Es gibt das sogenannte Heilfasten: Dabei hat der Nahrungsentzug durchaus positive Effekte auf den Körper. Währenddessen muss sich der Stoffwechsel stark anpassen.

Wenn dem Körper keine Nahrung mehr zugeführt wird, obwohl er danach verlangt, schaltet er in den Notbetrieb um. Er fürchtet um sein Überleben. Zuerst greift der Organismus auf seine Zuckerreserven zurück. Diese sind als Glykogen in der Leber abgespeichert. Doch nach 24 Stunden sind auch die aufgebraucht. Als nächstes folgt das Eiweiß. Es wird aus Muskeln und auch aus den Organen abgebaut. Dabei verlieren die Organe auch an Größe. Bei fünf Tagen ist der Verlust aber noch sehr gering. Ab Tag vier greift der Körper auf die Fettreserven zurück und man fängt an, unangenehm zu riechen. Denn beim Verbrennen von Fett entsteht Acetessigsäure. Die wird dann über Schweiß und Atemluft abtransportiert.

Nichts Essen: Es gibt positive und negative Effekte

Durch den Nahrungsentzug kommt es aber auch zu Nebenwirkungen. Darunter zum Beispiel Kreislaufprobleme, Kopfschmerzen, Frieren, Wassereinlagerungen, Schlafveränderungen, Muskelkrämpfe, vorübergehende Sehstörungen und Störungen im Elektrolythaushalt

Außerdem schlägt das Herz langsamer und der Blutdruck sinkt. Schon nach einem kurzen Verzicht auf Nahrung beginnt das Gehirn mehr Serotonin herzustellen. Serotonin ist auch als Glückshormon bekannt. Nach ein paar Tagen Fasten bleibt Serotonin auch für längere Zeit im Blut und die gute Laune steigt.

Unter keinen Umständen sollte man einfach so mit dem Essen aufhören.  Wer heilfasten möchte, sollte sich davor möglichst gründlich informieren und eventuell auch einen Arzt hinzuziehen. Vor allem Schwangere und Stillende, Menschen mit Essstörungen oder seelischen Erkrankungen, mit Typ-1-Diabetes, Demenz oder einer Leber- und Nierenfunktionsschwäche sollten nicht fasten.

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