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Beim Arzt ist immer mal wieder die Rede vom kleinen oder auch großen Blutbild. Doch wann ist so ein Blutbild erforderlich – und welche Werte lassen sich damit bestimmen?
Das Blut verrät eine Menge über die Gesundheit eines Menschen. In ihm sind zahlreiche lebenswichtige Informationen enthalten, die durch die Arterien und Venen bis in die kleinsten Äderchen im Körper verteilt werden. Ein kleines oder gar großes Blutbild hilft dem Arzt, diese Informationen zu lesen, welche ihm bei der Erstellung einer Diagnose helfen. Wann wird das Blutbild bestimmt?Oftmals erfolgt eine Blutuntersuchung bzw. die Erstellung eines kleinen Blutbildes im Rahmen vieler Routineuntersuchungen, z. B. bei Verdacht auf Blutarmut oder einer gestörten Blutbildung, sowie zur Gesundheitsvorsorge und vor einer OP. Ein großes Blutbild hingegen wird gemacht, wenn die Bestimmung zusätzlicher Leukozyten, z. B. im Fall einer Infektion, notwendig ist. Anforderungen für ein Blutbild sind Symptome wie:
Was wird in einem Blutbild untersucht?Bei einer Blutbilderstellung werden Blutzellen, die 45 Prozent des Blutvolumens ausmachen, untersucht. Die restlichen 55 Prozent sind das Blutplasma, welches aus Wasser, Eiweißen und Stoffwechselprodukten besteht. Das wird beim kleinen Blutbild untersuchtBei einem kleinen Blutbild wird die Gesamtzahl und Gestalt der Blutzellen sowie die Konzentration des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin untersucht. Rote Blutkörperchen (Ery oder RBC)
Weiße Blutkörperchen (LEU oder WBC) Die weißen Blutkörperchen sind die Abwehrzellen im Blut und für die Bekämpfung von Krankheitserregern zuständig. Zu niedrige Werte können für eine Virusinfektion, Immundefekte, Folsäure- und Vitamin-B12-Mangel oder Knochenmarkschäden stehen. Zu hohe Werte können hingegen auf Infekte durch durch Bakterien oder Pilze schließen, sowie Leukämien oder Autoimmunerkrankungen.
Blutplättchen (Thrombo, PLT oder THRO) Die Blutplättchen sind ebi der Blutgerinnung wichtig. Schlechte Werte bedeuten oft eine schlechte Wundheilung, sind aber auch Anzeichen für Leukämie, Überfunktion der Milz, Knochenmarkschäden, Autoimmunerkrankungen oder Zytostatikatherapie. Zu hohe Werte können Anzeichen für eine Thrombozythämie, Polyzythämie, chronisch-myleoische Leukämie, Entzündungen, Tumore, oder Anämie sein.
Hämatokrit (Hk, Hct oder Hkt) Der Hämotokrit-Wert gibt das Verhältnis zwischen flüssigen (Blutplasma) und festen (Blutzellen) Bestandteilen im Blut an. Bei einem zu hohen Wert ist das Blut verdickt, wodurch Blutgerinnsel entstehen können. Zu niedrige Werte sind hingegen ein Anzeichen für Anämie.
Hämoglobin (Hg, Hgb, Hb)
Mittlerer Gehalt an Hämoglobin pro rotes Blutkörperchen (MCH) Dieser Wert gibt den mittleren Gehalt an Hämoglobin pro rotem Blutkörperchen an. Niedrige Werte deuten auf eine Eisenmangelanämie oder einen Vitamin-B6-Mangel hin. Zu hohe Werte hingegen stehen für einen Vitamin-B12- oder Folsäuremangel.
Mittlere Hämoglobinkonzentration der gesamten Menge an Erythrozyten (MCHC) Der MCHC-Wert gibt die mittlere Konzentration an Hämoglobin pro rotem Blutkörperchen an. Gemeinsam mit den MCV- und MCH-Werten lassen sich Anämien diagnostizieren, z. B. Eisen- oder Vitamin-B6-Mangel bei niedrigen Werten. Bei hohen Werten könnte eine Kugelzelleanämie dahinter stecken.
Mittleres Volumen an roten Blutkörperchen (MCV) Dieser Wert gibt Aufschluss über die durchschnittliche Größe der Erythrozythen. Auch hier stehen zu niedrige Werte für einen Eisen- oder Vitamin-B6-Mangel. Zu hohe Werte deuten hingegen auf einen Vitamin-B12- oder Folsäuremangel hin, sowie erhöhte Retikulozyten.
Jugendliche Erythrozyten (Retis, Retr) Die sogenannten Retikulozyten sind noch nicht ganz ausgereifte Erythrozyten. Da diese nach zwei Tagen ausgereift sind, kann der Wert zeigen, ob ein Prozess im Anfangsstadium ist oder abklingt. Niedrige Werte stehen z. B. für eine Eisenmangelanämie, Vitamin-B12-, Folsäure- und Erythropoteinmangel, chronische Erkrankungen, Tumore, Knochenmarkschäden oder Leukämie. Ein zu hoher Wert ist ein Anzeichen für hämolytische Anämie, Blutverlust, sowie eine Vitamin-B12-, Folsäure- oder Erythropoteinmangel.
Diese Werte werden beim großen Blutbild überprüftBei einem großen Blutbild werden noch weitere Bestandteile des Blutes untersucht: Neutrophile Granulozyten (NEU, Neutro)
Eosinophile Granulozyten (EOS, Eosino) Diese Granulozyten sind ebenfalls Fresszellen und inaktivieren zusätzlich Histamin und nehmen Antigen-Antikörper-Komplexe auf. Sie bekämpfen vor allem Parasiten und Würmer. Zu hohe Werte deuten auf diese hin, aber auch auf akute Infektionen, Leukämien, Lymphome und Autoimmunerkrankungen. Zu niedrige Werte stehen hingegen für Knochenmarkschäden, Stress, Cortison und das Cushing-Syndrom.
Basophile Granulozyten (BAS, Baso) Diese Granulozyten sind an allergischen Reaktionen beteiligt. Zu niedrige Werte sind Anzeichen für eine Hyperthyreose, Infektionen oder allergische Hautreaktionen. Zu hohe Werte sind Anzeichen für chronsich-myeloische Leukämie, Polyzythämie, Hypothyreose und Allergien.
Monozyten (MON, Mono)
Lymphozyten (LYM, Lympho)
Bei einem großen Blutbild wird das kleine Blutbild durch eine genaue Untersuchung der weißen Blutkörperchen ergänzt. Es gibt fünf Typen von weißen Blutkörperchen: neutrophile, eosinophile und basophile Granulozyten, Monozyten und Lymphozyten. Anhand der Anzahl und Verteilung erhält der Arzt wertvolle Hinweise auf mögliche Erkrankungen. Warum wird ein großes Blutbild erstellt?An einem kleinen Blutbild erkennt der Arzt, ob es erste Hinweise auf eine Erkrankung gibt, wie zum Beispiel eine Infektion, Blutarmut, Entzündung oder Blutkrebserkrankung. Ist das kleine Blutbild auffällig, wird häufig noch ein großes Blutbild gemacht, damit der Arzt sich einen genaueren Eindruck verschaffen kann. Neben den roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und Blutplättchen (Thrombozyten) werden dann auch die einzelnen Typen der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) untersucht (differenziert). Zur Familie der weißen Blutkörperchen gehören Monozyten, Lymphozyten und Granulozyten. Die Granulozyten sind unter dem Mikroskop daran erkennbar, dass sie kleine Körnchen enthalten (Granula). Der Labormediziner kann die Granulozyten durch verschiedene Farbstoffe anfärben, sodass drei verschiedene Arten zum Vorschein kommen: Die neutrophilen Granulozyten – dies sind die meisten – nehmen nur wenig Farbe an, bleiben also "neutral" und durchsichtig; die basophilen Granulozyten werden blau und die eosinophilen Granulozyten rot. Aufschlussreiches VerteilungsmusterAnhand der Verteilung der Granulozyten erhält der Arzt weitere Hinweise auf die Art der Erkrankung. Zum Beispiel sind eosinophile Granulozyten besonders dann erhöht, wenn eine Allergie oder eine rheumatische Grunderkrankung vorliegt oder wenn ein Patient von Parasiten, zum Beispiel Darmwürmern, befallen ist. Auch kann der Arzt erkennen, wie reif die Blutzellen sind, die er unter dem Mikroskop sieht. Wenn auffallend viele unreife Blutzellen vorhanden sind, bedeutet dies, dass das Knochenmark mehr davon produziert und früher an das Blut abgibt. Der Arzt sieht dann viele junge Zellen unter dem Mikroskop – das kann zum Beispiel bei einer Infektion oder einer Blutkrebserkrankung der Fall sein. Sind besonders viele junge Zellen zu erkennen, spricht der Mediziner von einer "Linksverschiebung". Differenzialblutbild der Leukozyten (weiße Blutkörperchen, Erwachsene):
41 bis 75 Prozent aller weißen Blutkörperchen (Leukozyten) sind segmentkernige, neutrophile Granulozyten. Die stabkernigen kommen meistens bei einer sogenannten Linksverschiebung gehäuft vor. Der Normalwert für stabkernige liegt bei 150 bis 400 pro Mikroliter Blut, das sind etwa 3 bis 5 Prozent aller Leukozyten.
Wann steigen die Leukozyten-Werte an?Bei Infektionen und Entzündungen steigen die Leukozyten-Werte an. Das nennen Ärzte eine Leukozytose. Bei einer Infektion mit Bakterien ist dieser Verlauf typisch: Zu Beginn erhöht sich die Zahl der neutrophilen Granulozyten, dann kommen vermehrt Monozyten im Blut vor, und am Ende der Erkrankung sind zunehmend Lymphozyten und eosinophile Granulozyten vorzufinden. Mediziner sprechen von der "eosinophilen Morgenröte", wenn zum Beispiel eine Lungenentzündung ausheilt. Neutrophile Granulozyten (Neutrophilie): Auch eine akute Infektion wie eine Blinddarmentzündung (Appendizitis) zeigt sich unter anderem durch einen – teilweise massiven – Anstieg der Leukozyten. Dasselbe trifft auf andere Entzündungen zu, wie zum Beispiel die Mandelentzündung (Tonsillitis), auf chronische Darmentzündungen und rheumatische Erkrankungen. Einige hormonelle Störungen lassen die Leukozytenzahlen ebenfalls ansteigen, beispielsweise eine Nebenschilddrüsenüberfunktion sowie ein Cushing-Syndrom (Überschuss an Cortisol). Schließlich können verschiedene Medikamente wie zum Beispiel Kortison die Leukozytenzahlen ansteigen lassen. In all diesen Fällen ist hauptsächlich die Konzentration der neutrophilen Granulozyten erhöht. Eosinophile Granulozyten (Eosinophilie): Eosinophile Granulozyten kommen vermehrt bei Allergien und bei Parasitenbefall, zum Beispiel mit Darmwürmern, im Blut vor. Auch Leukämien (Blutkrebs) und Lymphknotenkrebs (Morbus Hodgkin) können sich durch erhöhte Konzentrationen an eosinophilen Granulozyten zeigen. Basophile Granulozyten (Basophilie): Eine Vermehrung der basophilen Granulozyten kann unter anderem auf eine Blutkrebserkrankung hinweisen, zum Beispiel eine chronisch-myeloische Leukämie (CML). Lymphozyten (Lymphozytose): Infektionen mit Viren lassen häufig die Lymphozyten ansteigen, etwa eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV), Cytomegalie-Virus (CMV) oder mit Hepatitis-Viren. Auch bei verschiedenen Blutkrebserkrankungen sind die Lymphozytenzahlen erhöht. Eine Erhöhung der Lymphozyten-Konzentration heißt Lymphozytose. Monozyten (Monozytose): Zu einer Vermehrung der Monozyten kommt es bei speziellen Infektionen, zum Beispiel bei einer bakteriellen Endokarditis (Herzinnenhautentzündung), Malaria oder Tuberkulose. Wann sind die Leukozyten-Werte zu niedrig?Leukozyten (Leukozytopenie, Neutropenie, Agranulozytose): Da die meisten Leukozyten neutrophile Granulozyten sind, spricht man bei einer niedrigen Leukozyten-Konzentration auch von einer Neutropenie. Infektionen mit Viren – zum Beispiel Hepatitis-Viren, dem Epstein-Barr-Virus, Masernvirus, Rötelnvirus und Influenzavirus (Influenza ist die "echte Grippe") – führen zu einer Verminderung der Leukozytenzahl. Auch verschiedene Medikamente können bewirken, dass die Zahl der Leukozyten (neutrophilen Granulozyten) im Blut sinkt – darunter zum Beispiel Antibiotika, Schmerzmittel, Blutdruckmittel wie Betablocker, Schilddrüsenblocker, Beruhigungsmittel oder Chemotherapie-Medikamente (Zytostatika). Verschiedene Krebserkrankungen, etwa akute Leukämien, können ebenfalls eine Neutropenie verursachen. Eosinophile Granulozyten (Eosinozytopenie): Bei akuten Infektionen mit Bakterien, beim Cushing-Syndrom oder auch bei Stress sind die eosinophilen Granulozytenzahlen erniedrigt. Lymphozyten (Lymphozytopenie): Verringerte Lymphozytenzahlen kommen vor beim Cushing-Syndrom (Cortisolüberschuss) sowie beim Morbus Hodgkin (Lymphknotenkrebs) oder bei einer Urämie (Harnstoff im Blut, bei Nierenschäden). Monozyten: Da die Zahl der Monozyten grundsätzlich sehr niedrig ist, kann ein weiteres Absinken schwierig zu erfassen sein.
Durchflusszytometrie zur Zählung von Blutkörperchen © Labor Becker, Olgemöller & Kollegen / W&B, Bernhard Huber Fachlich geprüft von Prof. Dr. med. Michael Spannagl, Labor für Immungenetik und molekulare Diagnostik, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München
Wichtig: Die Referenzwerte sowie die ermittelten Werte können sich von Labor zu Labor stark unterscheiden. Weiterhin gibt es unter Umständen starke tageszeitliche und (saisonale) jahreszeitliche Schwankungen ohne Krankheitswert. Bevor Sie sich durch abweichende Ergebnisse verunsichern lassen, bitten Sie daher Ihren Arzt oder Ihre Ärztin, Ihnen Ihre persönlichen Daten zu erklären. Einzelne Laborwerte alleine sind zudem meistens nicht aussagekräftig. Oft müssen sie im Zusammenhang mit anderen Werten und im zeitlichen Verlauf beurteilt werden. |