Welche pillen gibt es in deutschland

Die Pille ist ein seit Jahrzehnten etabliertes Arzneimittel, das vor einer Schwangerschaft schützt. Sie ist ein Medikament und damit nicht frei von Nebenwirkungen. Nimmst Du ein Pillenpräparat und fragst Dich, ob es zu den „gefährlichen Pillen“ gehört und eine höhere Thrombosegefahr aufweist? Hier erfährst Du mehr darüber inkl. einer Liste dieser Medikamente.

Pillen der 3. und 4. Generation

Gerd Glaeske, Professor für Gesundheitsökonomie an der Universität Bremen, macht deutlich, dass viele Ärzte und Patientinnen die Nebenwirkungen der Pille unterschätzen. Seine Untersuchungen haben ergeben, dass vor allem die neueren Präparate das Risiko für lebensbedrohliche Thrombosen stark erhöhen. Aber gerade diese Pillenpräparate werden laut dem Pillenreport der TK heutzutage am häufigsten verordnet.

Bei den neueren Antibabypillen spricht man auch von den Pillen der 3. und 4. Generation. Sie enthalten die Gestagene Gestoden, Desogestrel, Dienogest, Drospirenon, Chlormadinon oder Nomegestrol.

„Gefährliche“ Pillenpräparate: Liste

Im nachfolgenden siehst Du in der Auflistung die meistverkauften Antibabypillen 2014. Die grün markierten Präparate sind die der 2. Generation. Die lila-markierten Zeilen sind die „gefährlichen Pillen“ der 3. oder 4. Generation.

Welche pillen gibt es in deutschland

Pillenreport 2015: Übersicht der Antibabypillen mit jeweiligen Wirkstoff

2015 verdeutlichte demnach der Report, dass die neueren Pillenmedikamente deutlich häufiger verschrieben wurden als diejenigen mit Levonorgestrel.

Eine neue Auswertung der Techniker Krankenkasse (TK) hat einen Rückgang der Verschreibung von Pillen der 2. und 3. Generation in Berlin und Brandenburg feststellen können. In Berlin sank der Anteil der TK-versicherten Frauen, die eine solche Pille nutzten, in zwei Jahren deutlich. Waren es 2017 noch 51 % Prozent, so waren es 2020 nur noch 47 Prozent. In Brandenburg waren es 2017 noch 58 %, im Jahr 2020 52 %.4

Welche pillen gibt es in deutschland

Der Pillenreport 2015 basiert auf den Daten der TK, der größten Krankenkasse in Deutschland. In den Jahren 2011 bis 2013 waren dort annähernd 400.000 Mädchen und Frauen im Alter zwischen 11 und 19 Jahren versichert. Die Abrechnungsdaten der TK zeigen: Bereits im Alter von 11 und 12 bekamen Mädchen die Antibabypille verschrieben. Im Alter von 15 Jahren nahm jedes 5. Mädchen regelmäßig Hormone zur Verhütung ein. Im Alter von 19 Jahren hatten 3 von 4 jungen Frauen ein Rezept für das Medikament. Jede 2. der 19-Jährigen nahm dabei ein Produkt der 3. oder 4. Generation, z. B. mit Drospirenon.

Höheres Risiko bei neueren Medikamenten

Prof. Dr. Petra Thürmann erklärt im Pillenreport, dass eine Thrombose in Venen oder Lunge pro Jahr bei 2 von 10.000 sonst gesunden Frauen auftritt, die keine Hormone zur Verhütung nehmen und im gebärfähigen Alter, aber nicht schwanger sind.

Für Frauen, die eine Pille der 2. Generation mit Levonorgestrel einnehmen, ist das Thromboserisiko bereits dreimal so hoch. Es gibt hier 5 bis 7 Betroffene pro 10.000 Frauen. Bei den Frauen, die mit einem Präparat der 3. oder 4. Generation, z. B. mit Drospirenon, verhüten, ist die Gefahr bis zu siebenmal so hoch. Das bedeutet laut Pillenreport: Pro Jahr bildet sich bei 9 bis 14 von 10.000 Pillenanwenderinnen ein gefährliches Blutgerinnsel, welches bis zum Tod führen kann.

Der Rote-Hand-Brief von Dezember 2018 gibt folgende Informationen über das Risiko für venöse Thromboembolien an3:

Wirkstoff Relatives Risiko im Vergleich zu Levonorgestrel Betroffene pro 10.000 Frauenjahre
Nichtschwangere Nichtanwenderinnen 2
Levonorgestrel Referenz 5 – 7
Norgestimat / Norethisteron 1,0 5 – 7
Dienogest 1,6 8 – 11
Gestoden / Desogestrel / Drospirenon 1,5 – 2,0 9 – 12
Etonogestrel / Norelgestromin 1,0 – 2,0 6 – 12

Für Frauen, die rauchen, älter als 35 sind oder in deren Familie schon Thrombosen aufgetreten sind, steigt durch die Thrombophilie (die angeborene oder erworbene Neigung zu Thrombosen) das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen noch einmal nachdrücklich, und die Autoren empfehlen einen dringenden Pillenstopp.

Für jüngere Frauen, die nicht rauchen und kein Übergewicht haben, spricht – so der Pillenreport – zunächst nichts gegen die neuen Präparate. Allerdings weist der Professor darauf hin, dass hormonelle Kontrazeptiva mit Levonorgestrel genauso sicher verhüten wie Produkte der 3. und 4. Generation mit beispielsweise Desogestrel oder Drospirenon. Erstere wiesen aber ein geringeres Thromboserisiko auf.

Welche pillen gibt es in deutschland

Warum werden Pillen der 3. und 4. Generation häufig verschrieben?

Jens Baas, Vorsitzender des Vorstands der TK, ist besorgt, dass die Antibabypillen zu leichtfertig verordnet und genommen werden. Das Forschungsteam fand heraus, dass die neueren Produkte häufig mit dem Hinweis verordnet würden, dass sie geringer dosiert seien. Das sei allerdings nicht richtig, denn auch die Antibabypillen mit Levonorgestrel seien sehr niedrig dosiert.

Die Autoren des Pillenreports sind der Meinung, dass die neuen Präparate vor allem entwickelt wurden, damit sie zu höheren Verkaufspreisen vermarktet werden können. Das Fazit der Autoren des Pillenreports 2015: Wenn die Antibabypille als das geeignete Verhütungsmittel festgestellt wurde, dann sollte es eine der 2. Generation werden, falls nicht negative Folgen auftreten. Sie weise eine bessere „Nutzen-Schaden-Bilanz“ auf.

Professor Glaeske legt dar, dass die hormonellen Kontrazeptiva oftmals nicht nur zur Schwangerschaftsvermeidung verschrieben, sondern auch aufgrund „positiver“ Nebenwirkungen verordnet werden, wie z. B. einer klareren Haut, glänzender Haare und sogar Gewichtsverlust. Der Forscher warnt davor, dass dadurch die Pillenpräparate vielfach nicht mehr als ernstzunehmendes Medikament, sondern mehr als ein Lifestyle-Produkt wahrgenommen werden.

Werbemaßnahmen der neueren Präparate

Im Pillenreport 2015 analysieren Prof. Glaeske und seine Kollegin Prof. Dr. Petra Thürmann ebenfalls die Werbemaßnahmen der Pharmaindustrie. Werbung für die Antibabypillen ist eigentlich durch das Heilmittelgesetz in Deutschland verboten. Die Autoren machen aber verständlich, wie diese von der pharmazeutischen Industrie auf Internetportalen, Facebook-Seiten und in YouTube-Videos angepriesen würden: Die Werbebotschaften der Medikamente seien eingebettet zwischen Beauty- und Lifestyle-Tipps in Medien, die gerade junge Frauen interessieren. Oftmals veröffentlichten Pharmaunternehmen redaktionelle Beiträge in Frauenzeitschriften oder transportierten ihre Werbebotschaften in Interviews mit Experten und Expertinnen.

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Die Versprechen der Pharmahersteller seien dabei geschickt versteckt: die „positiven“ Nebenwirkungen und angeblichen Vorzüge würden deutlich herausgestellt. Vernachlässigt würden dabei mögliche negative Folgen und das Thromboserisiko, bei dem Blutgerinnsel zu Schlaganfällen, Lungenembolien und im schlimmsten Fall auch zum Tod führen können. Der Pillenreport 2015 stellt klar: Die Pharmaindustrie nutze dabei exzessiv und geschickt die sozialen Medien, um ihre Werbebotschaften an die Frau zu bringen.

Welche pillen gibt es in deutschland

Es ist gut, dass es für die überwiegende Zahl der Jugendlichen heute selbstverständlich ist, sich um eine sichere Verhütung zu kümmern. Allerdings bringt es Christian Albring, Präsident des Berufsverbands der Frauenärzte, auf den Punkt, dass fast jedes Verhütungsmittel einen Eingriff in den weiblichen Körper bedeute. Die Antibabypille sei aber auf keinen Fall ein Lifestyle-Produkt, das man „einfach mal so“ nehmen solle.

F. Rohrer, die ein Präparat der 4. Generation mit dem Gestagen Drospirenon einnahm und an einer Lungenembolie erkrankte, betont, dass über Risiken und Nebenwirkungen aufgeklärt werden müsse und man den Werbeversprechen der Pharmahersteller nicht uneingeschränkt glauben solle. Jede Frau solle kritisch abwägen, so der Pillenreport, ob die eigene „Nutzen-Schaden-Bilanz“ bei Einnahme der Pille stimme.1

Gefährliche Pillen: Was tun?

Nimmst Du derzeit Hormone zur Verhütung und fragst Dich, ob Dein Präparat auch zu den „gefährlichen Pillen“ gehört?

Hat mein Medikament ein erhöhtes Risiko?

Die obige Grafik zeigt 40 Pillensorten, die 2014 am häufigsten verkauft wurden. Schaue nach, ob dort Dein Hormonpräparat enthalten ist und lies das darin enthaltene Gestagen ab. Ist Deine Antibabypille dort nicht dabei, so schaue bitte in den Beipackzettel bzw. suche diesen im Internet mit „Pillenname Beipackzettel“ beispielsweise „Yasminelle Beipackzettel“.

Pillen mit Gestoden, Desogestrel oder Drospirenon

Enthält Dein Präparat den Inhaltsstoff Gestoden, Desogestrel oder Drospirenon, so gehört es zur 3. bzw. 4. Generation und weist eine höhere Gefahr auf.

Für Antibabypillen mit dem Wirkstoff Dienogest, Chlormadinon und Nomegestrol ist das Thromboserisiko noch nicht bekannt. Aufgrund älterer Studien gibt der aktuelle Report 2015 ein 1,8-fach erhöhtes Risiko gegenüber dem Wirkstoff der zweiten Generation an.

Präparate der 2. Generation

Enthält Dein Medikament den Wirkstoff Levonorgestrel, so gehört es zur 2. Generation und weist eine geringere Thrombosenebenwirkung im Vergleich zur neueren Generation auf.

Wie werden andere hormonelle Verhütungsmittel bewertet?

Der Pillenreport 2015 hat nur orale Verhütungsmittel bewertet. Laut einer dänischen Studie von 2001 wurden der Vaginalring sowie das Hormonpflaster hinsichtlich ihres Thromoserisikos als ähnlich risikohaft eingestuft wie die Hormonpillen der dritten bzw. vierten Generation.2 Das Risiko der Hormonspirale wurde in der Studie als ähnlich hoch eingeschätzt wie bei den Pillen der zweiten Generation.

Bitte lasse Dich von Deinem Frauenarzt ausführlich über die Risiken und Nebenwirkungen aufklären. Es empfiehlt sich auch, den Beipackzettel ausführlich durchzulesen, da darin alle Gefahren aufgeführt werden müssen.