Welche lebensmittel helfen gegen arthrose

Erstellt: 02.08.2022, 08:12 Uhr

Von: Juliane Gutmann

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Einige Lebensmittel gelten als „Wunderwaffe gegen Arthrose“: Neben Bewegung spielt deshalb auch die Ernährung eine immer wichtigere Rolle in der Arthrose-Therapie.

Erst ist das Gelenk nur etwas steif, man kommt schwerer aus dem Bett. Verschlimmert sich eine Arthrose, schmerzen die betroffenen Stellen wie etwa Knie oder Arm unter Belastung. Zum Beispiel beim Wandern oder Tennis spielen. Viele machen jetzt den Fehler und schonen sich bzw. die betroffene Stelle. Medizinern zufolge ist das der falsche Weg: Gelenkschonende Sportarten wie Radfahren oder Schwimmen sollten regelmäßig in den Alltag eingebaut werden.

Eine einzige Wunderwaffe gegen Arthrose gibt es zwar nicht, mit Bewegung und der richtigen Ernährung können Patienten allerdings ihre Beschwerden lindern.

Bei Arthrose reibt Knochen auf Knochen

Nach Angaben des Norddeutschen Rundfunks ist Arthrose die häufigste Gelenkerkrankung: Allein in Deutschland soll fast jeder Zehnte unter Gelenkverschleiß leiden. Nicht nur die Knie, auch Hüfte, Hände oder Zehen sind häufig betroffen. Dabei fühlt sich zu Beginn der Arthrose das Gelenk nur etwas steif an und ist vielleicht angeschwollen. Im Verlauf schmerzen die Gelenke immer mehr, vor allem unter Belastung, bis sich die betroffene Stelle im Endstadium gar nicht mehr bewegen lässt.

Grund ist die schwindende Knorpelschicht zwischen den Gelenken, die wie ein Stoßdämpfer wirkt und Bewegungen abfedert. Ist die Knorpelschicht komplett verschwunden, reibt Knochen auf Knochen, was zu den Arthrose-typischen Schmerzen führt.

Welche lebensmittel helfen gegen arthrose

Macht nur dick? In den richtigen Mengen hat Schokolade gesunde Effekte. © dpa/Oliver Berg

Bananen und Kaffee bei Arthrose? So sieht antientzündliche Ernährung aus

Nicht nur ein Unfall oder angeborene X-Beine können eine Arthrose begünstigen, für Mediziner gilt Arthrose als chronische Entzündungskrankheit, die durch Übergewicht verschlimmert wird. Vor allem zu viel Bauchfett ist ein Faktor, der Entzündungsprozesse im Körper fördert. 

Ärzte empfehlen deshalb, Übergewicht zu reduzieren und eine antientzündliche Ernährung, bei der folgende Lebensmittel vermehrt auf dem Teller landen sollen:

  • Haferflocken
  • Vollkornprodukte wie Vollkornbrot, Vollkornnudeln, Vollkornreis
  • Müsli ohne Zucker
  • ab und an Zartbitterschokolade (mindestens 70 Prozent Kakao-Anteil)
  • zuckerarmes Obst (zuckerreiches Obst wie Bananen, Weintrauben, Ananas, Mange und Birne in Maßen)
  • alle Gemüsesorten (alle Kohlarten, alle Pilzarten, Gurke, Fenchel, Möhren, Hülsenfrüchte, Spinat, Zucchini etc.)
  • alle Kräuter
  • alle Nüsse (Sonnenblumenkerne nur in Maßen, Erdnüsse und gesalzene Nüsse besser ganz meiden)
  • Öle wie Leinöl, Weizenkeimöl, Hanföl, Olivenöl, Rapsöl, Walnussöl; zum Braten Kokosöl verwenden
  • Bei Fisch und Meeresfrüchten ist alles erlaubt (außer Fisch in Mayo oder Sahne eingelegt sowie panierter Fisch).
  • Wurst und Fleisch in Maßen: Hier am besten zu Pute und Huhn greifen, seltener zu Rind, Kalb und Wild. Alle anderen Wurstarten und generell Schweinefleisch enthalten viel Arachidonsäure und sollte daher gemieden werden. Bei Wurst, Fleisch und Fisch liegt die jeweils empfohlene Menge bei maximal ein bis zwei Portionen pro Woche. Eine Portion entspricht dabei einem Rohgewicht bis 100 Gramm.
  • Eier, Milchprodukte und Käse in Maßen: maximal zwei bis drei Eier pro Woche; bei Milch, Buttermilch, Quark und Naturjoghurt die fettarme Variante wählen.
  • Entzündungshemmend soll auch Kurkuma wirken, ein wichtiges Gewürz in der indischen Küche.
  • Ebenfalls bei Arthrose empfohlene Gewürze: Pfeffer und Hagebuttenpulver.

Den Durst löschen sollten Arthrose-Patienten am besten mit Wasser oder ungezuckerten Tees. Besonders geeignet seien grüner Tee und Kräutertee. Kaffee ist zwar erlaubt, es sollten aber nicht mehr als drei Tassen pro Tag sein - am besten ohne Milch.

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Gift bei Arthrose: Süßkram und Fertigprodukte

Vor allem zuckerreiche Lebensmittel fördern entzündliche Vorgänge im Körper und verschlimmern so Gelenkbeschwerden. Dazu gehören zum einen Fertigprodukte mit viel Zucker wie Pudding oder Fruchtjoghurt und generell alle Süßigkeiten, süße Backwaren und Knabberzeug wie Chips und Salzbrezeln. Bei den Getränken gilt ebenfalls: Je weniger Zucker enthalten ist, desto besser.

Sie greifen ab und an zu Schmerzmitteln? Die Stiftung Warentest hat verschiedene Präparate getestet: Das kam bei Paracetamol & Co. im Vergleich heraus.

Weißmehl-Produkte wie Toastbrot, Laugengebäck, Knäckebrot sollten Menschen mit Gelenkbeschwerden besser meiden. Alkohol steht ebenfalls im Verdacht, Gelenkschmerzen und Arthrose zu verschlimmern, weil er Entzündungen eher fördert als hemmt.

Welche lebensmittel helfen gegen arthrose
Kirsten Scheuer, dipl. Ernährungsberaterin HF

Rheumaliga Schweiz: Warum genau wird Arthrose-Betroffenen empfohlen, Übergewicht abzubauen?

Kirsten Scheuer, dipl. Ernährungsberaterin HF: Aus zwei Gründen. Erstens entlastet eine Reduktion überflüssiger Pfunde die gewichttragenden Gelenke, also Hüftgelenke, Kniegelenke und Knöchelgelenke. Laut einer neueren Studie gehen die Beschwerden einer Kniearthrose bei übergewichtigen Personen schon in drei Monaten deutlich zurück, wenn sie abnehmen.

Zweitens ist die Reduktion von Fettgewebe wichtig, wohl wichtiger noch als die reine Entlastung. Denn Fettpölsterchen produzieren entzündungsfördernde Hormone, so genannte Adipokine. Diese verteilen sich über den Stoffwechsel im ganzen Körper und verstärken oder verursachen Entzündungen. Daher lohnt es sich auch zum Beispiel bei einer Halswirbelarthrose oder einer Arthrose der Fingergelenke, das Körpergewicht zu normalisieren.

Ich empfehle Betroffenen, die Ernährung umzustellen und gleichzeitig durch körperliches Training, am besten an der frischen Luft, Muskelmasse aufzubauen.

In welche Richtung soll die Ernährungsumstellung gehen?

Ganz klar in Richtung einer ausgewogenen, abwechslungsreichen und bunten Ernährung! Sie sichert zum einen die Zufuhr der Makronährstoffe Fett, Eiweiss und Kohlenhydrate, von denen der Körper zur Gesunderhaltung eine ganze Menge braucht. Zum andern versorgt uns eine ausgewogene Ernährung mit all den Mikronährstoffen, die primär für die Stoffwechselvorgänge nötig sind.

Könnten Sie das Thema Fett ein wenig ausführen?

Gern! Fett ist der kalorienreichste Nährstoff und sowohl in tierischen als auch in pflanzlichen Lebensmitteln zu finden. Daher lohnt es sich, zur Gewichtsreduktion den Fettgehalt eines Lebensmittels zu beachten.

Für die Stoffwechselvorgänge im Körper ist aber nicht nur die Menge, sondern auch deren Zusammensetzung von grosser Bedeutung. Ein Bestandteil der Fette sind die Fettsäuren, die als gesättigte, einfach ungesättigte und mehrfach ungesättigte Fettsäuren in unser Nahrung vorkommen.

Diese verschiedenen Fettsäuren haben sehr unterschiedliche Wirkungen auf unseren Stoffwechsel. Gesättigte Fettsäuren kommen oft in grossen Mengen in Lebensmitteln tierischer Herkunft vor, sind aber auch reichlich in Kokos- oder Palmkernfett sowie in vielen Fertigprodukten enthalten. Diese Fettsäuren dienen dem Körper vor allem als Energiereserve und sollten daher nur in geringem Masse konsumiert werden.

Welche lebensmittel helfen gegen arthrose

Was ist mit den mehrfach ungesättigten Fettsäuren?

Hier gibt es zwei wichtige, für den Körper lebensnotwendige und nicht selber herstellbare Vertreter: die von Natur aus viel häufigere Omega-6-Fettsäure und die in geringerem Masse vorkommende Omega-3-Fettsäure. Beide sind wichtig für einen gesunden Stoffwechsel.

Während nun aber Omega-6-Fettsäuren entzündliche Prozesse fördern, damit der Körper z.B. gegen Viren und Bakterien ankämpfen oder Endprodukte des Stoffwechsels abbauen kann, hemmen Omega-3-Fettsäuren diese Entzündungsprozesse. Bei einer Arthrose mit Entzündungen ist es daher sinnvoll, den Verzehr von Omega-6-Fettsäurelieferanten einzudämmen und stattdessen Omega-3-reiche Lebensmittel zu bevorzugen.

Prinzipiell finden sich Omega-6-Fettsäuren vor allem in pflanzlichen Fetten und Ölen, auch in den meisten Nüssen und Samen. Hier ist sie als Linolsäure enthalten. Diese wird vom Körper zu Arachidonsäure umgebaut. Arachidonsäure kommt ausserdem in tierischen Lebensmitteln vor. Arachidonsäure fördert Entzündungen. Daher sollte man den Verzehr von Fleisch sowie von Sonnenblumenöl, Distelöl oder Nüssen bei Arthrose in Grenzen halten.

Die Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren kann über fette Kaltwasserfische wie Lachs, Makrele, Thunfisch, Hering, Heilbutt, Sardinen und Forellen erfolgen oder auch über grünes Blattgemüse sowie Chia-Samen, Hanfsamen, Leinsamen, Walnüsse bzw. deren Öle.

Bei tierischen Produkten hängt der Gehalt an Omega-3-Fettsäuren stark von der Art der Fütterung ab. Er ist höher, wenn die Tiere Gras oder Algen zu fressen bekommen. Sollten weder Fisch noch grünes Gemüse, Rapsöl oder Walnüsse verzehrt werden, besteht die Möglichkeit, Fischöl-Kapseln, Krill- oder Algenprodukte zu nehmen, um an Omega-3-Fettsäuren zu kommen.

Viele Rheumabetroffene orientieren sich an der Mittelmeerküche. Was ist mit Olivenöl?

Olivenöl besteht bis zu 75% aus Omega-9-Fettsäuren. Das sind einfach ungesättigte Fettsäuren. Omega-9-Fettsäuren wirken im Körper entzündungsneutral. Das heisst, sie fördern keine Entzündungen und können daher problemlos auch bei Arthrose oder anderen Formen von Rheuma verzehrt werden werden.

Sie erwähnten unter den Makronährstoffen auch Eiweiss. Wie viel ist genug?

Für Arthrose-Betroffenen werden 1 g Eiweiss (Proteine) pro kg Körpergewicht pro Tag empfohlen. Da die Proteine wegen der Arachidonsäure weniger aus Fleisch und Fleischprodukten kommen sollten, stehen hier Milch, Milchprodukte, Eier und Hülsenfrüchte im Vordergrund. Auch Fleischersatzprodukte wie zum Beispiel Tofu, Tempeh, Seitan oder Quorn können eine Alternative darstellen.

Wichtig ist die ausreichende Zufuhr an Milchprodukten, da diese neben Vitamin D auch Calcium und je nach Fütterung auch Omega-3-Fettsäuren bieten können. Der regelmässige Konsum von Hülsenfrüchten bringt ausserdem Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe und unlösliche Nahrungsfasern.

Stichwort Nahrungsfasern, wo kommen sie vor und warum sind sie wichtig?

Nahrungsfasern (oder Ballaststoffe) kommen einerseits in stärkehaltigen Nahrungsmitteln vor wie in Brot, Getreide, Teigwaren, Reis, Kartoffeln und Hülsenfrüchten, andererseits in Früchten und Gemüse, Milchprodukten und Süsswaren. Bevorzugt werden sollten die nahrungsfaserhaltigen Stärkelieferanten sowie Obst und Gemüse. Diese helfen, das Körpergewicht zu normalisieren, verlängern das Sättigungsgefühl und halten den Blutzuckerspiegel konstant. Gemäss Langzeit-Studien mit Kniearthrose-Betroffenen verringeren pflanzliche Nahrungsfasern die Entzündungen.

Die empfohlene Tagesdosis liegt bei mindestens 30 g Nahrungsfasern. Davon sollte die eine Hälfte aus unlöslichen, die andere Hälfte aus löslichen Nahrungsfasern bestehen. UnlöslicheFasern binden Wasser und Giftstoffe, erhöhen das Stuhlgewicht und machen den Stuhl weich und leichter absetzbar. Sie finden sich vor allem in Getreide und Hülsenfrüchte. LöslicheFasern aus Gemüse und Früchten dienen als Nahrung des Mikrobioms (Darmflora) und erhalten so ein gesundes und abwehrkräftiges Darmmilieu. Um die Tagesmenge von 30 g Fasern zu erreichen braucht es zum Beispiel 50 g Haferflocken, 150 g Beeren, 180 g Kartoffeln, 150 g Rüebli und 75 g Vollkornbrot.

Empfehlen Sie die Einnahme von Vitamin D?

Ja. Aus grossen Untersuchungen ist bekannt, dass Personen, die mit Vitamin D gut versorgt sind, weniger an einer Knie- oder Hüftarthrose erkranken. Vitamin D ist ein unentbehrlicher Mikronährstoff für Knochen, Muskeln und Knorpel. Die Hauptquelle für Vitamin D ist die Sonne, mit bis zu 80%. Die übrigen 20% werden durch die Nahrung aufgenommen. Am meisten Vitamin D liefern fettreiche Lebensmittel wie Milchprodukte, Ei, Fisch, Pilze und Avocados.

Allerdings reicht die Zufuhr über Nahrungsmitteln nicht aus und ist die Sonneneinstrahlung in unseren Breitengraden ungenügend. Die allgemeinen Empfehlungen für die Einnahme von Vitamin-D-Tabletten oder Vitamin-D-Tropfen lauten: 600 Einheiten pro Tag von Oktober bis Mai für Personen unter 60 Jahren bzw. 800 Einheiten pro Tag während des ganzen Jahres für Personen über 60 Jahren.

Und wie steht es um Calcium?

Ergänzend zu Vitamin D sollten Arthrose-Betroffene auf eine ausreichende Calcium-Versorgung achten. Zwar mag sich ein Effekt auf die Gelenkbeschwerden nicht eindeutig nachweisen, aber Calcium ist ein wichtiger Knochenbaustoff, und bei einer Arthrose sind die Knochen in Gelenknähe sehr häufig mitbetroffen. Die offizielle Empfehlung liegt bei 1 g Calcium pro Tag.

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