Was passiert wenn man Antibiotika nimmt ohne krank zu sein?

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Bei Antibiotika gilt eine eiserne Regel: Die Packung immer bis zum Ende nehmen! Wer das nicht tut, so die Erklärung, würde Resistenzen riskieren. Ganz so einfach ist es aber nicht. Denn auch wer ein Antibiotikum zu lange nimmt, begünstigt resistente Keime. Die Bakterien haben so nämlich länger Zeit sich anzupassen. Das Medikament vor Aufbrauchen der Packung abzusetzen ist nur dann riskant, wenn die Krankheit noch nicht völlig auskuriert ist. Tatsächlich sind aber viele Patienten schon gesund, bevor die Tabletten aufgebraucht sind. Ob das der Fall ist, kann nur der Arzt feststellen.

Er müsste überprüfen ob im Patienten noch Bakterien nachweisbar sind. Je nach Krankheit ist das auch dann möglich, wenn keine Symptome mehr spürbar sind. Sind keine Bakterien mehr zu messen, wird das Antibiotikum nicht mehr gebraucht. Ein Schnelltest könnte den Nachweis vereinfachen: Er prüft innerhalb von Sekunden, ob noch Krankheitserreger im Blut nachweisbar sind. Bisher wird dieser Test aber von den Krankenkassen nicht bezahlt. Die Blutproben müssen erst ins Labor geschickt werden, die Untersuchung dauert dann etwa zwei Tage.

In Deutschland werden momentan mehr Antibiotika verschrieben als nötig: Obwohl 90 % der Atemwegserkrankungen viral verursacht sind, werden sie beispielsweise sehr häufig mit einem Antibiotikum behandelt. Dabei ist dieses Medikament nur in der Lage, Bakterien zu bekämpfen. Gegen Viren ist es wirkungslos.  Um festzustellen, ob nun Bakterien oder Viren Schuld an der Erkrankung sind, müsste der Arzt ein Antibiogramm machen. In der Praxis passiert das aber selten.

Viele Ärzte verschreiben Antibiotika auch, um ihre Patienten zu beruhigen – damit der Patient etwas einnehmen kann und so seine Hoffnung steigt, dass er bald wieder gesund ist. Viele Patienten fordern Antibiotika zudem geradezu ein. Und viele Ärzte gehen darauf ein. Dass Antibiotika heute kaum noch etwas kosten, macht die vertrackte Lage nicht einfacher. Es fehlt eine Antibiotikum-Leitfadenlinie.

Verschlagwortet mit Antibiotika

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Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Ärzten und anderen Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.

Unsere Informationen beruhen auf den Ergebnissen hochwertiger Studien. Sie sind von einem Autoren-Team aus Medizin, Wissenschaft und Redaktion erstellt und von Expertinnen und Experten außerhalb des IQWiG begutachtet. Wie wir unsere Texte erarbeiten und aktuell halten, beschreiben wir ausführlich in unseren Methoden.

Das Antibiotikum sollte mit einem Glas Leitungswasser eingenommen werden. Durch die reichliche Flüssigkeitszufuhr löst sich das Medikament leichter auf. Zudem beeinflusst Wasser die Wirkung des Medikaments am wenigsten. Kaffee, Tee und Milchprodukte hingegen können die Wirkstoffaufnahme hemmen.

Kalziumreiche Mineralwässer, Milch und Milchprodukte wie Joghurt, Quark und Käse sollte man im Zeitraum der Antibiotika-Einnahme daher besser nicht verzehren. Auf Mineralstoffpräparate mit Kalzium, Magnesium und Zink sollte man ebenfalls verzichten. Auch Alkohol ist tabu.

Die regelmäßige Einnahme ist für die Wirksamkeit von großer Bedeutung. Wenn die Zeitabstände stimmen, ist eine dauerhaft ausreichende Menge des Wirkstoffs im Körper garantiert. Nur so können die Bakterien erfolgreich bekämpft werden.

Muss das Medikament ein Mal am Tag eingenommen werden, dann sollte dies immer um die gleiche Uhrzeit erfolgen. Muss der Patient das Antibiotikum zwei Mal pro Tag anwenden, sollte dies in einem Abstand von zwölf Stunden passieren. Bei drei Mal täglich bietet der Acht-Stunden-Rhythmus eine gute Orientierung.

Wichtig ist zudem, das Antibiotikum zum richtigen Zeitpunkt einzunehmen:

  • "Vor dem Essen": Das Medikament wird etwa eine halbe Stunde bis Stunde vor der Mahlzeit eingenommen
  • "Zum Essen": Das Medikament wird direkt zum Essen eingenommen
  • "Nach dem Essen": Das Medikament wird etwa zwei Stunden nach dem Essen eingenommen

Außerdem sollte man aufgrund möglicher Wechselwirkungen dem Arzt mitteilen, wenn man bereits andere Arzneimittel einnehmen muss. Achtung: Manche Antibiotika beeinträchtigen die Wirkung der Antibabypille.

Was passiert wenn man Antibiotika nimmt ohne krank zu sein?

Uhrzeiger und Tabletten: Frühzeitiges Absetzen von Antibiotika erhöht das Risiko, dass sich Resistenzen bilden. (Quelle: Sergei Chuyko/getty-images-bilder)

Ebenfalls wichtig ist es, Antibiotika konsequent bis zum Schluss anzuwenden. Selbst wenn die Beschwerden nach einigen Tagen geringer sind. Eine Verbesserung der Symptome bedeutet nicht, dass die Bakterien im Körper vollständig bekämpft sind. Im schlimmsten Fall bricht die Erkrankung erneut und deutlich stärker wieder aus. Wer das Antibiotikum vorschnell absetze, riskiere zudem die Bildung von Resistenzen, warnt die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA).

Wie lange das Antibiotikum eingenommen werden muss, hängt vom Wirkstoff und der zu behandelnden Erkrankung ab. Als Faustregel empfehlen Apotheker, immer die gesamte vom Arzt verordnete Packung einzunehmen. Sollten bei einem Antibiotikum Nebenwirkungen auftreten, bespricht man mit dem Arzt das weitere Vorgehen. Das gilt auch dann, wenn das Antibiotikum nach zwei bis drei Tagen keine Wirkung zeigt.

Auf keinen Fall sollte man das Präparat auf eigene Faust absetzen oder die Dosis gar erhöhen. Und: Reste von Antibiotika dürfen nicht aufgehoben und vom Patienten bei der nächsten Infektion eigenmächtig eingenommen werden.

Sollten Tabletten übrig bleiben, werden diese über den Hausmüll entsorgt. Viele Apotheken bieten als freiwilligen Service an, Arzneimittelreste anzunehmen. Auf keinen Fall gehören sie in die Toilette oder in das Waschbecken. Über die menschlichen Ausscheidungen und die Tierhaltung gelangen bereits jede Menge Antibiotika in die Umwelt.

Wie das Umweltbundesamt (UBA) warnt, können Kläranlagen nicht alle Arzneimittelrückstände zurückhalten. Deshalb seien sie nahezu flächendeckend und ganzjährig im Bereich von Kläranlagenabläufen sowie in Bächen, Flüssen und Seen, aber auch im Grund- und vereinzelt im Trinkwasser zu finden. Am häufigsten würden Schmerzmittel und Antibiotika nachgewiesen. Die Entstehung von Resistenzen werde dadurch gefördert.