Wo werden adidas sachen hergestellt

Als der damalige Adidas-Chef und designierte FC-Bayern-Präsident Herbert Hainer im Mai 2016 die sogenannte Speedfactory im fränkischen Ansbach eröffnete, versprach er nicht weniger als eine „Revolution“ für den Sportartikelhersteller. „Als ich 1987 bei Adidas angefangen habe, wurde die Produktion gerade nach Asien verlagert“, sagte Hainer damals. „Jetzt schließt sich der Kreis, und die Fertigung kommt zurück.“

Was Adidas da aufbaute, klang tatsächlich nach einer mittleren Sensation: Turnschuhe, die nicht mehr in einer Fabrik in Vietnam, Indonesien oder der Türkei von Hand genäht, sondern wieder näher beim Kunden in den Absatzmärkten Europa und USA hergestellt werden. Möglich machen sollte das der hochautomatisierte Fertigungsprozess, eine Turnschuhproduktion fast ohne menschliche Arbeiter.

Doch seit Montag steht fest: Der Traum von der Rückkehr der Produktion ist ausgeträumt. Adidas wird die beiden bestehenden Speedfactories im fränkischen Ansbach und in den USA spätestens im April nächsten Jahres schließen. Die Technik und die dort entwickelten Prozesse sollen dann wieder Richtung Osten wandern – zu asiatischen Zulieferern. Dorthin, wo bislang schon per Hand genäht wird. Das sei „wirtschaftlicher“, sagt eine Adidas-Sprecherin. Insbesondere die geplante Ausweitung auf andere Sneaker-Modelle mache in den Speedfactories für das Herzogenauracher Unternehmen keinen Sinn.

Dabei sah 2016 wirklich alles nach Zukunft aus in Ansbach: Die Halle mit den schneeweißen Wänden erinnerte an ein Labor. Ein halbes Dutzend Maschinen stand in zwei Reihen. Und wer vorn in die erste ein paar Rollen Garn einlegte und in die andere je eine Handvoll Kunststoffkügelchen gab, bekam am Ende ein Paar fertige Laufschuhe heraus. Ein Strickapparat produzierte aus dem Garn erst den Stoff für die Oberfläche der Schuhe, der dann von der nächsten Maschine per Laser zugeschnitten wurde. Ein Roboterwagen holte die fertigen Teile ab und brachte sie zum nächsten Gerät. Parallel wurde auf der anderen Seite der Halle aus den Kunststoffteilen die Sohle gespritzt und zusammengesetzt. Am Ende verschweißte ein letzter Apparat Sohle und Oberteil. Fertig war der Schuh.

Rund eine Million Paar Laufschuhe wollte Adidas in den beiden ersten Speedfactories produzieren. Ob es jemals soweit kam, dass die Kapazitätsgrenze tatsächlich erreicht wurde, will man bei Adidas heute genauso wenig beantworten, wie die Frage, ob die Produktion in Franken und den USA in den vergangenen Jahren profitabel war. Natürlich wäre selbst eine Produktion von einer Million Paar in den Fabriken nur ein winziger Teil der weltweit von Adidas verkauften 400 Millionen Paar Sneaker gewesen. Doch die Fertigung im Heimatmarkt war nicht nur ein wichtiges Symbol. Es sollte laut Hainer die Strategie der Zukunft sein: Nah am Kunden so schnell produzieren, dass man die Schuhe und später auch Kleidungsstücke individuell an den Kunden anpassen kann. Die Käufer sollten die Schuhe irgendwann sogar direkt auf die Bedürfnisse ihrer Füße im Geschäft anpassen lassen können. In vielen Läden sollte dann eine kleine Speedfactory die Sneaker vor Ort herstellen. Auch individuelle Verzierungen und Schriftzüge würden so möglich.

Von dieser Vision will man sich bei Adidas nicht endgültig verabschieden, schließlich habe man es mit den Speedfactories geschafft, den Herstellungsprozess von einigen Monaten von der Idee für ein Modell bis zur Auslieferung auf wenige Wochen zu drücken. Das will man nun auch bei den asiatischen Zulieferern fortsetzen. Doch von den kurzen Transportwegen, die besser für die Umwelt gewesen wären, kann nun keine Rede mehr sein. Auch wenn die Produktion selbst beschleunigt ist, den Transport im Schiffscontainer müssen die Sneaker künftig wieder auf jeden Fall antreten. Hainers Nachfolger, der heutige Adidas-Chef Kasper Rorsted, zieht dem Projekt den Stecker.

Woran die Speedfactories genau gescheitert sind, wird auch auf Nachfrage nicht wirklich klar. Man habe die Fertigungsprozesse auch auf andere Modelle, vor allem der Alltagssneaker der Originals-Serie, ausdehnen wollen, sagt eine Sprecherin. Die benötigte Infrastruktur inklusive der Maschinen und das Know-how für die Produktion dieser Modelle sei in Asien bereits vorhanden. Es sei einfacher und wirtschaftlicher, die Erkenntnisse und Abläufe der Speedfactory dorthin zu verlagern, als die Maschinen nach Franken oder in die USA zu holen. Warum das so ist, bleibt offen. Am Ende dürften es doch wieder vor allem die Kosten, insbesondere die Lohnkosten, gewesen sein, die den Ausschlag geben. Druck der asiatischen Zulieferer habe es nicht gegeben, die hochautomatisierte Konkurrenz wieder zu schließen.

Die negativen Folgen der 180-Grad-Wende des Sportartikelriesen bekommt vor allem die Oechsler AG zu spüren. Das fränkische Unternehmen hatte die Speedfactories in Kooperation mit Adidas aufgebaut und betrieben. Die Verträge laufen im kommenden Jahr aus und wurden nun nicht mehr verlängert. Auch wenn die Abläufe hochautomatisiert sind, trifft die Schließung allein in Franken mehr als 100 Mitarbeiter der Tochtergesellschaft Oechsler Motion.

„Die Geschäftsführung der Oechsler Motion GmbH ist davon überzeugt, dass die Gesellschaft trotz der Einstellung der Speedfactory-Produktion weiterhin profitabel betrieben werden kann“, teilt das Unternehmen mit. „Nach aktuellem Stand werden sich betriebsbedingte Kündigungen jedoch nicht vermeiden lassen“. Weitere Details werde die Geschäftsleitung bis Ende November bekanntgeben. Auch in den USA sollen wohl rund 70 Stellen wegfallen. Bei Adidas selbst soll der Strategiewechsel keine Jobs kosten. Die in diesem Bereich beschäftigten Mitarbeiter des Konzerns würden auch weiterhin an der Verbesserung der Fertigungsabläufe arbeiten, sagt die Sprecherin.

„Auch wenn wir die Beweggründe von Adidas verstehen, die Speedfactory-Produktion bei Oechsler einzustellen, bedauern wir diese Entscheidung sehr“, sagt Oechsler-Chef Claudius Kozlik. „Mit der Speedfactory-Produktion für Adidas haben wir äußerst wertvolle Erkenntnisse gewonnen, die bereits in die Fertigung anderer Geschäftsbereiche des Oechsler-Konzerns – Automotive, Medical und Innovative Solutions – eingeflossen sind und auch künftig weiter einfließen werden.“

Doch zumindest in der Sportartikelbranche werden nun vor allem die asiatischen Zulieferer profitieren, denen die beschleunigte Technik zu Gute kommen wird. Dabei hatte man gehofft, dass die Produktion in der fränkischen Heimat ausgebaut und nicht wieder eingemottet würde. Hainer hatte angekündigt, dass es zwar einige Jahre dauern würde, aber es klang 2016 durchaus so, als würde irgendwann ein signifikanter Teil der Fertigung von Asien in die jeweiligen Absatzmärkte zurückkehren.

Die Auswirkungen dieses Trends schienen gewaltig: Wie sollten künftig Entwicklungsländer den Aufstieg zu etwas Wohlstand überhaupt noch schaffen, wenn selbst Tätigkeiten wie das Nähen von Schuhen und Kleidung von Robotern in den Industrienationen übernommen würde, grübelten Ökonomen. Adidas bekam für die Idee der Speedfactories noch im vergangenen Jahr den Deutschen Innovationspreis, der unter der Schirmherrschaft des Bundeswirtschaftsministeriums verliehen wird. All das war wohl mehr als voreilig.

Statt weitere Speedfactories zu bauen und zu betreiben, will Adidas in Zukunft lieber Geld in die Modernisierung anderer Zulieferer in Asien stecken. „Die Speedfactories haben wesentlich dazu beigetragen, unsere Fertigungsinnovation und -fähigkeit zu fördern“, sagt Adidas-Vorstand Martin Shankland. „Durch diese Erkenntnisse und den Einsatz der neuen Produktionstechnologien und Prozesse in unseren bestehenden Zulieferbetrieben können wir jetzt Produktionskapazitäten flexibler und wirtschaftlicher nutzen und gleichzeitig das Sortiment an Produkten mit kurzer Fertigungszeit schneller ausweiten.“

Am Ende erlebt die Turnschuhfertigung in Franken so ein Déjà-vu: Wie bereits schon einmal in den 1980er-Jahren erweist sich die Konkurrenz aus Fernost noch einmal als wettbewerbsfähiger. Nach der Produktion in Handarbeit wandert nun auch die hochautomatisierte Fertigung ab nach Asien.

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