Mit welchen Noten bleibt man sitzen Realschule Bayern

Wenn Nicolo Tallevi an den Moment denkt, als es einfach nicht mehr für die nächste Klasse reichte, das Lehrerkollegium seines Gymnasiums entschied, er müsse eine Klasse wiederholen, dann ist noch immer diese Enttäuschung zu spüren. „Am Anfang war es schon ein bisschen blöd, sitzen zu bleiben“, erzählt er. „Habe ich zu wenig gemacht, oder bin ich nicht gut genug?“

Am Ende stand ein Ungenügend im Zeugnis, das erste Mal Sitzenbleiben, dann, in der achten Klasse ein zweites Mal die Note Ungenügend: ein Desaster, erinnert sich Jana Tallevi, die Mutter des inzwischen 20-Jährigen. „Dieses Gefühl: Du darfst hier nicht mehr mitmachen, du gehörst nicht mehr dazu. Das war für uns als Familie ein großer Schock.“ Es sei schwer gewesen, auch für ihren Sohn. „Wir hatten nicht damit gerechnet, dass es soweit kommt.“ Sitzenbleiben als soziale Ausgrenzung, so das erste Gefühl.

Die angebotenen Förderstunden an der Schule halfen zwar etwas, meint die Mutter, Nicolo durfte für ein halbes Jahr auf Probe vorrücken – eine Entscheidung des Lehrerkollegiums. Die falsche, meint Nicolo Tallevi heute: „Das hat mir gar nichts gebracht. Mir hat ja schon der Stoff von einem halben oder dreiviertel Jahr gefehlt. Das dann nachzuholen, plus den neuen Stoff, das ist zu viel, das schafft man nicht.“

Die erste Lösung im Freistaat: sitzen bleiben, danach abschulen, also: vom Gymnasium auf die Real- und dann gegebenenfalls auf die Mittelschule wechseln. Wer zweimal das Klassenziel nicht erreicht, dem verbietet das bayerische Schulgesetz den weiteren Besuch der bislang besuchten Schulart: ob Gymnasium, Realschule oder Mittelschule, wie die Hauptschule in Bayern heißt.

Kein Sitzenbleiben: Wiederholt wird in Bremen nur freiwillig
In Sachen Sitzenbleiben gibt es im kleinsten Bundesland Deutschlands einen Sonderweg: Das zwangsweise Wiederholen wurde 2008 abgeschafft. Stattdessen soll jedes Kind individuell so gefördert werden, dass Sitzenbleiben unnötig ist. Kann das gelingen?

Mit welchen Noten bleibt man sitzen Realschule Bayern

© picture alliance / dpa / guido Kirchner

Dieses starre, dreigliedrige Schulsystem sei ein Grund dafür, dass es in Bayern statistisch gesehen mehr Wiederholer, darunter überproportional viele Jungen, gibt als sonst irgendwo in Deutschland, ist Nicolos Mutter überzeugt. „Dreigliedriges Schulsystem oder Gesamtschulsystem – es muss doch möglich sein, dass man auch in Bayern immer wieder darüber nachdenkt“, meint sie. „Man kann nicht sagen: Unser Schulsystem ist super, es soll so bleiben. Aus der Grundschulklasse meines Sohnes sind sicher fünf oder sechs Jungs aufs Gymnasium gewechselt. Ein einziger hat in der Regelschulzeit das Abitur gemacht.“

Auch Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV) hält das dreigliedrige Schulsystem ebenso wie das Sitzenbleiben für längst überholt. Das Sitzenbleiben bringe auf lange Strecke nichts, sagt sie. „Wir wissen das auch aus wissenschaftlichen Untersuchungen, und ich kann es aus der Praxis sagen: Wir merken, ein Kind strandet in der siebten Klasse, es sind die zwei Fünfer oder der eine Sechser, und dann geht es hier sehr traditionell, zack, die Klappe schlägt um, du wiederholst.“ Wiederholen müsse das Kind aber den Stoff aller Unterrichtsfächer. „Wegen zwei Fächern wiederholst du alles: völlig ineffizient. Wiederholen ist nicht charmant, Wiederholen sagt: Du schaffst es nicht, und die Motivation, die da draufgeht, ist immens.“

Einziger Ausweg seien individuelle Förderung innerhalb der Klasse, Stärkung des sozialen Verbandes, gegenseitige Unterstützung beim Lernen, passgenaue Förderinstrumente, um die gefürchtete Ehrenrunde zu verhindern, sagt Präsidentin Fleischmann. Sie war früher selbst Schulleiterin einer Mittelschule – also dort, wo diejenigen landen, die mehrfach sitzengeblieben sind. 

Ganz so drastisch will es Günter Manhardt, Leiter des Schmuttertal-Gymnasiums Diedorf bei Augsburg, nicht sehen. Bayern leiste sich das teure dreigliedrige Schulsystem, um Kinder eben besser fördern zu können als in einem Gesamtschulsystem. 

Als damaliger Schulleiter überzeugte er Nicolos Eltern, dass ihr Sohn auf der Realschule besser aufgehoben sei. Momentan würden nur zwei von 700 Schülern an seinem Gymnasium wiederholen müssen, betont Schulleiter Manhardt. Vom Kultusministerium ist außerdem in der Pandemie eine Anweisung an die bayerischen Schulen ergangen, wenn möglich, jedem lernschwachen Kind das Vorrücken auf Probe zu ermöglichen, oder den Kindern und Eltern vorzuschlagen, freiwillig zu wiederholen, erklärt der Schulleiter. „Bis zum Halbjahr kann jemand freiwillig sagen: Mein Kind tritt zurück in die untere Jahrgangsstufe, weil wir merken, da kommen nur noch schlechte Noten, der oder die hat den Anschluss verloren. Wir beraten dann auch in diese Richtung: Es macht mehr Sinn, wenn Ihr Kind die Grundlagen nochmal wiederholt in der sechsten statt die Lücken in die siebte Klasse mitzunehmen.“

Nicolos zweiter Schulleiter, Jürgen Seipt-Wunderwald, Leiter der staatlichen Realschule Zusmarshausen, westlich von München, fängt jedes Schuljahr etliche der ehemaligen Gymnasiasten auf. Er und sein Kollegium würden Kinder nicht leichtfertig in die Ehrenrunde schicken, betont der Schulleiter. Seine Schule erprobe gerade ein neues Fördersystem: "Nämlich dass wir sagen, der Förderunterricht ist nicht verpflichtend für ein ganzes Jahr, sondern wir teilen es auf in bestimmte Stoffgebiete. Die Schüler können dann in den Förderkurs gehen, wenn das Stoffgebiet drankommt: in Mathe oder Englisch oder so, bei dem sie wirklich Probleme haben.“

Die Zukunftsisdee von Simone Fleischmann, der Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes: Kindern statt eines Klassen-Stundenplans einen individuellen Schüler-Stundenplan anzubieten, ähnlich dem Kurssystem der Oberstufe. Das sei organisatorisch im dreigliedrigen Schulsystem undurchführbar, meinen die Schulleiter des Diedorfer Gymnasiums und der Zusmarshauser Realschule, die Auflösung des Klassenverbandes aus sozialen Gründen nicht empfehlenswert.

Während andere Bundesländer das Sitzenbleiben abschaffen, hält Bayern daran fest. In einem dreigliedrigen Schulsystem wird es ohne Sitzenbleiben nicht gehen, meint Nicolos Mutter Jana Tallevi. Am Ende habe es ihren Sohn zum Hochschulabschluss gebracht. Nach der Realschule ging er zurück auf ein anderes Gymnasium, wiederholte die zehnte Klasse und macht im Sommer sein Abitur.

Lesen Sie nach, was Sie gegen schlechte Schulnoten tun können und wie Sie reagieren sollten, wenn Ihr Kind mit einer Fünf nach Hause kommt!

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Klappt es in der Schule nicht, gibt es oft schon im Halbjahreszeugnis einen ersten Hinweis darauf, dass das Kind versetzungsgefährdet ist. Zeichnet sich im Verlauf des zweiten Halbjahrs das Sitzenbleiben ab, trudelt die Vorwarnung in Form eines blauen Briefs ins Haus. Meist wird dieser um die Osterferien herum verschickt. Bei volljährigen Schülern werden die Eltern nicht mehr schriftlich informiert. Übrigens: Die häufigsten Probleme treten meist im Fach Mathe auf, dicht gefolgt von Englisch und Deutsch.

Versetzungsgefährdet in der Grundschule

In der Grund- und Sekundarschule ist das klassische Sitzenbleiben grundsätzlich nicht vorgesehen. Hier wird ein Schüler nur in einem „begründeten Ausnahmefall“ nicht in die nächste Klasse versetzt. Zum Beginn der Schulzeit, in der sogenannten Schulanfangsphase, gibt es eine besondere Regelung: Diese kann auch in drei statt in zwei Jahren absolviert werden, ohne dass dies als ein Sitzenbleiben gilt. Man spricht in diesem Fall von „Verweilern“.

Versetzungsgefährdet in der Realschule

In der Realschule bleibt man nur dann sitzen, wenn man mindestens eine Fünf hat und diese nicht ausgleichen kann. Auch bei zwei Fünfen ist ein Ausgleich möglich. Ab drei Fünfen wird man allerdings nicht mehr in die nächste Klasse versetzt. Ausgleich bedeutet, dass mangelhafte Leistungen in zwei Schulfächern durch zumindest befriedigende Leistung in zwei anderen Fächern ausgeglichen werden; beziehungsweise, dass das „Ungenügend“ in einem Fach durch mindestens zwei „Gut“ in zwei anderen Fächern kompensiert wird. Dabei lässt sich nur maximal eines der Fächer Mathematik, Deutsch, Erste Fremdsprache oder Wahlpflicht durch ein anderes Kernfach ausgleichen. Der Ausgleich von zwei Kernfächern durch zwei andere Kernfächer ist also nicht möglich. Bei einer Gesamtnote 6 im Fach Deutsch ist der Notenausgleich ebenfalls ausgeschlossen.

Versetzung gefährdet im Gymnasium

Wer drei oder mehr Fünfen in seinem Gymnasialzeugnis hat, muss wiederholen. Hat ein Schüler zwei Fünfen, kann er das durch zwei Dreien in anderen Fächern ausgleichen. Möchte man eine Fünf in einem der Kernfächer Mathematik, Deutsch sowie erste und zweite Fremdsprache ausgleichen, benötigt man zumindest eine Drei in einem anderen Kernfach. Bei einer Sechs oder zwei Fünfen in diesen Fächern muss man wiederholen.

In der gymnasialen Oberstufte kann der Schüler auf freiwilliger Basis ein Jahr zurückgehen, sollte das Abitur gefährdet sein.

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Versetzungsgefährdet und was tun?

Zoff und Vorwürfe sind beim Sitzenbleiben immer die schlechteste Lösung. Das Kind leidet unter dem Misserfolg ohnehin und braucht die Unterstützung seiner Eltern. Die folgenden Tipps helfen dabei, diese Herausforderung zu meistern. Als Alternative dazu, kann es ratsam sein, über einen Privatunterricht von einem Hauslehrer oder zumindest einer Hausaufgabenhilfe nachzudenken.

In der Regel ist es mit einem guten Nachhilfelehrer, der auch die nötige pädagogische Erfahrung mitbringt, möglich, die Note binnen weniger Monate um 1-2 Notenstufen anzuheben.

Versetzungsgefährdet und Tipps für Eltern

  • Versuchen Sie, gemeinsam mit Ihrem Kind Stärken, die häufig nicht auf Anhieb sichtbar sind, zu erkennen! Das kann auch zur Wahl einer anderen Schulform führen, da die falsche Schulart oft zu einer permanenten Überforderung und schlechten Noten führt. Sitzenbleiben sollte immer ein Anlass sein, um über einen Schulwechsel oder eine andere Ausbildungsform nachzudenken.

  • Vor allem die Ursachenforschung ist wichtig: Versuchen Sie, gemeinsam mit Ihrem Sohn oder Ihrer Tochter herauszufinden, warum sich die schulischen Leistungen so massiv verschlechtert haben! Vielleicht spielt eine bestimmte Lehrkraft eine Rolle oder auch Mobbing. Ergründen Sie, warum Ihr Kind die Leistungsanforderungen nicht mehr erfüllen konnte!

  • Hat Ihr Kind die schlechte Nachricht erst einmal etwas „verdaut“, können Sie den Blick auf das kommende Schuljahr richten. Überlegen Sie gemeinsam, wie es weitergehen kann und legen Sie Ziele fest! Das können auch erste Teilziele sein wie zum Beispiel eine gute Leistung in einem Problemfach bei der ersten Klassenarbeit.

  • Vereinbaren Sie mit Ihrem Kind feste Lernzeiten! Das sorgt für Struktur und Kontinuität beim Lernen.

  • Intelligente Lernmethoden können jetzt eine große Hilfe sein. Unterstützen Sie Ihr Kind zudem, indem Sie bei der Erledigung der Hausaufgaben sein Ansprechpartner sind! Lernen Sie gemeinsam Vokabeln und bekunden Sie durch einen regelmäßigen Blick in die Schulhefte Ihr Interesse an seinen Lernfortschritten! Auch Experten wie Schulpädagogen, die so manchen Trick gegen Schulprobleme wissen, können helfen. Ein privater Nachhilfelehrer bietet ebenfalls wertvolle Unterstützung.

  • Generell sollte man immer daran denken, dass Sitzenbleiben keine Katastrophe und keine Einbahnstraße ist. Mitunter ist das für Schüler so etwas wie ein heilsamer Schritt und hilft ihnen beim Ausgleich von Defiziten. Dass das oft klappt, belegt das Beispiel vieler „Sitzenbleiber“, die im späteren Verlauf ihres Lebens beruflich sehr erfolgreich waren.

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